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Wutkaufhaus - oder Wut im Kaufhaus
Vor etwa einem halben Jahr wurde in Karlsruhe ein weiteres sogenanntes Sozialkaufhaus eröffnet. Das Konzept dahinter ist nicht neu und existiert an vielen Orten in Deutschland so oder ähnlich schon sicher seit fast 10 Jahren. Dort werden vornehmlich Haushaltsgegenstände und Textilien, die andere gespendet haben oder die aus Verwertungen von Konkursmassen, Firmen - Restposten und ähnlichen Gelegenheiten stammen zu sehr günstigen Preisen zum Kauf angeboten. Viele der Teile sind auch reparierte Gebrauchtgeräte, z.B. wie Waschmaschinen, Kühlschränke, Fernseher usw. Die eigentliche Ursprungsidee dahinter war, dass man sozial Schwachen, finanziell schlecht gestellten Mitmenschen günstige Gelegenheiten zum Kauf solcher Artikel bereit stellt. Leute, die glaubhaft machen können, dass sie unter einem gewissen Mindesteinkommen im Monat liegen, kriegen diese Artikel je nach Wertgruppe zu Preisen zwischen 1 und 50 Euro. Die meisten der heutigen Sozialkaufhäuser bieten darüber hinaus die Waren aber auch an sämtliche normalen Einkommensgruppen an, um so weitere Einnahmen zu erzielen. Nur mit dem Unterschied, dass diese Leute dann einen etwas höheren Preis zahlen müssen. Nur als Beispiel, während ein als sozial schwach eingestufter Kunde dort einen gebrauchten, aufgearbeiteten Wohnzimmertisch für 10 Euro erwerben kann, muss ein “normaler” Kunde für den gleichen Tisch vielleicht 35 Euro zahlen, was immer noch günstig ist, aber an diesem Preis verdient das Sozialkaufhaus noch ein wenig, was dann am Ende wieder den Artikeln für die sozial Schwachen zugute kommt oder wovon die Aufarbeitung aller Waren finanziert wird.
Da wir das Konzept interessant finden und neugierig wurden, haben wir oben genanntes Sozialkaufhaus neulich auch mal besucht, zumal die hier im Umkreis mit Flugblättern an alle Haushalte stark dafür geworben hatten, dass Jedermann dort günstig kaufen könne. Nicht schlecht erstaunt waren wir über die enorme Größe des Ladens, der in einem alten, ehemaligen Möbelhaus eingerichtet wurde, welches zuvor schon 5 Jahre leer gestanden hatte. Dort bekommt man so einen Transportkarren, auf dem man auch größere Stücke, wie Fernseher, Sessel, Kleinmöbel etc. selbst aufladen und zur Kasse im Erdgeschoss fahren kann. Bei richtig großen Teilen, wie Schränken, Betten, Waschmaschinen und dergleichen bekommt man unterdessen Hilfe von Beschäftigten des Hauses. Für solche sperrigen Güter gibt es sogar einen günstigen Bringservice, wo die für ein relativ kleines Entgelt diese Sachen nach Hause bringen. Mit den selben Sprintern holen die ansonsten auch gespendete Gerätschaften ab.
So schlenderten wir mindestens anderthalb Stunden durch den Laden und waren von der Fülle des Angebots tief beeindruckt. Kayla hatte sich bei dem Rundgang eine alte Stehleuchte aus den 50iger Jahren ausgesucht, weil sie diese stylistisch so schön fand, sie sollte für Normalkunden nur 7 Euro kosten; ich hatte mir unterdessen ein Stereo - Cassettendeck für 10 Euro ausgesucht, dann kann ich endlich wieder meine alten Compact - Cassetten abspielen, die ich noch aus alten Zeiten zuhause in einem alten Aktenkoffer eingelagert liegen habe, wofür ich aber kein funktionierendes Abspielgerät mehr hatte. Als wir in die Nähe der Kasse kamen, hörten wir schon von weitem ein riesiges Gebrüll von einem Streit. Ein sehr großer, dicker Mann brüllte die Kassiererin an, dass sie gefälligst für den Schrank, den er gekauft habe, den niedrigen Preis für sozial Schwache eintippen soll, der in dem Fall bei 20 Euro gelegen hätte. Die Kassiererin stufte den Mann aber nicht als besonders bedürftig ein und verlangte so den normalen, aber immer noch günstigen Preis von 45 Euro. Der Tobende wollte das partout nicht zahlen, weigerte sich aber auch, irgendwie zu beweisen, dass er nur ein geringes Einkommen habe. Er stellte sich auf den Standpunkt, dass man ihm das halt glauben müsse, wenn er das so sagt. Trotz allem Gebrüll blieb die Kassendame auf ihrem Standpunkt. Nach deren Äusserungen muss genau dieser Kunde vor einigen Tagen zu den günstigen Preisen für sozial Schwache eine halbe LKW - Ladung an Möbeln und Haushaltsgeräten dort gekauft haben, und später stellte sich heraus, dass dieser Kerl die Sachen später im Internet bei Ebay zum fünffachen Preis wieder zum Verkauf angeboten hatte. Der Mann bestritt dies jedoch und meinte, das sei eine Verwechslung, sowas mache er nicht. Er tobte weiter und bestand darauf, den Schrank für 20 Euro zu bekommen. Seine Wortwahl war dabei nicht gerade zimperlich, als die Kassiererin ihm nicht nachgeben wollte, erhielt sie von ihm diverse “Kosenamen” wie alte Pferdehure oder abgehalftertes Fickwaschweib und ähnliche seltsame Wortkonstrukte. Das bewirkte natürlich nur das Gegenteil. Jetzt schaltete die Dame auf stur und drohte damit, die Polizei zu holen, wenn er den Laden nicht sofort verlassen würde. Daraufhin eskalierte der Streit weiter und der Mann warf den Telefonapparat, der neben der Kasse stand, auf den Boden und drohte, dass er ihr den Apparat eigenhändig auf ihrem Kopf zerschlagen würde, wenn sie versuchen würde, die “Bullen” zu rufen, wie er das nannte. Wir und einige andere Kunden versuchten, den immer mehr ausrastenden Schwachkopf zu beruhigen, was aber nicht klappte. Irgendwann schrie er mit sich überschlagender Stimme, dass er uns alle einschließlich dieses Hurenkaufhauses gleich in Brand setzen würde, wenn wir nicht die Schnauze halten würden. Inzwischen hatten einige Kunden per Handy die Polizei informiert, worauf ein Streifenwagen mit zwei Polizisten eintraf. Kaum sah der rüpelhafte Kunde die, tobte er noch mehr und versuchte sogar, die Kasse umzustürzen, was ihm aber nicht gelang, weil die wohl an ihrem Sockeltisch festgeschraubt war. Die Polizeibeamten versuchten den Mann zu beruhigen, was ihnen aber erst gelang, als sie ihm Handschellen anlegen wollten. Da kam er ein wenig zur Besinnung und ging, jetzt leiser tobend, mit den Beamten nach draussen. Die nahmen ihn dann wohl mit. Die nun sichtlich erleichterte Kassiererin meinte, dass dieser Heini in der Vorwoche soviele Sachen dort zum Sozialtarif gekauft hätte, dass die Betreiber von dem Laden mißtrauisch wurden und daraufin diese Artikel im Internet bei Ebay zum fünffachen Preis wiedergefunden hätten. Natürlich unterstützt man sowas nicht, dass dann andere auf diese Weise mit den Sachen das Geschäft machen. Der Mann erhält nun für den Laden und auch alle anderen Filialen von denen, die es im 50 km - Umkreis gibt, ein striktes Hausverbot. Zugleich meinte die Frau, dass es dort relativ häufig ausrastende Leute geben würde, die nicht damit einverstanden sind, dass sie den normalen Preis zahlen müssen, allerdings würden die meisten es dann nicht so auf die Spitze treiben, wie dieser Vollidiot.
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