St. Gallen

Schweizreise mit Hindernissen

Anfang Juni 2016 machten wir, nach sehr langer Pause, mal wieder eine preiswerte Busreise mit, die uns nach Sankt Gallen in der Schweiz führen sollte. Die Reise war überhaupt nicht geplant, da wir im heimatlichen Umfeld eigentlich so ausgelastet sind, dass wir für sowas nicht wirklich Zeit haben. Bei einem Einkaufsbummel im Mai in Karlsruhe stießen wir durch Zufall auf ein großes Plakat an einem Reisebüro, welches eine sehr billige 5 - Tages - Busreise von Karlsruhe nach Sankt Gallen in der Schweiz, incl. Übernachtung in einem guten Hotel nebst Frühstück und einer geführten 5 Stunden - Wanderung an einem der Tage als Randprogramm anbot. Deswegen sollte man auch Wanderschuhe und warme Kleidung mitbringen, da es in den Bergen auch im Juni noch sehr kalt sein kann. Der Prokopf - Preis erschien uns mit 129 Euro jedoch als Überredungskunst genug, zumal wir mal etwas Auszeit von alldem hier bitter nötig hatten. So huschten wir in das Reisebüro, die dort tätige Dame erläuterte uns genauere Fakten zur Reise, die alle ok schienen, und so wurde gebucht. Rund zwei Wochen später, inzwischen war es gerade Juni geworden, war der Tag der Abreise, ab einem kleinen Busbahnhof in einem Vorort von Karlsruhe. Pünktlich morgens um 6.30 Uhr ging es los. Ein großer Neoplan - Hochstock - Reisebus, der zwar einerseits luxuriös aussah, der aber sein wahres Alter nicht so ganz verbergen konnte, da viele Stellen im Lack unfachmännisch übertüncht worden waren, fuhr vor und in Windeseile war unser kleines Gepäck verstaut. Für 5 Tage braucht man ja nicht viel, zumal im Prinzip 2 Tage schon für die An- und Abreise im Wesentlichen drauf gehen. Der Busfahrer sah recht ausländisch aus, sprach so gut wie kein Deutsch. Wie sich später herausstellte ein Bulgare. Der Bus selbst war in gehobenem Komfort ausgestattet, aber alles wirkte abgelebt und verschlissen, also ein ehemaliger Luxusbus, der hier mit Billigfahrten wohl seinen Lebensabend einläutet. Die Sitze waren, trotz des Alters und trotz der teils schon aufplatzenden Bezüge, wunderbar bequem und so kuschelig, dass man ständig einzuschlafen drohte, was wir nicht wollten, weil man dann die vorbeiziehende Landschaft nicht mitbekommt, was uns sehr wichtig ist. Man muss die Eindrücke der Landschaften genießen, sonst ist eine Reise nur halb so schön. Viele Wege führen nach Rom, sagt man immer, so führen auch viele Wege nach St. Gallen, nun hatte der Busfahrer wohl den fast schon sportlichen Ehrgeiz, möglichst die für Busse auch fällige LKW - Autobahnmaut zu umgehen und anstattdessen, soweit möglich, über gut ausgebaute Landstraßen zu fahren. Normalerweise hätte man erwartet, dass er einfach über die A 8 bis in den Bereich Stuttgart und dann von dort strak nach Süden über die A 81 bis in den Raum Konstanz - Kreuzlingen und von dort weiter über die Schweizer Autobahn A 4 und A 1 bis St. Gallen fährt, dann wäre man vielleicht in 3 bis 4 Stunden Fahrzeit selbst mit dem Bus spätestens dort gewesen, sofern keine übermässigen Staus dazwischen funken. Aber nein, nix Autobahn, sagte er oft. So fuhr er von Karlsruhe über Ettlingen und Bad Herrenalb und wollte dort in Richtung Calw abbiegen. Ein riesengroßes Navi half ihm dabei, funktionierte aber nicht richtig, fiel immer wieder aus. Er selbst war in dem Bereich total unkundig, fuhr sonst meist Strecken nach Norden, wie er in kaum verständlichen Deutsch mal anmerkte. Hinzu kam erschwerend, dass er deutsche Straßenschilder nicht sonderlich gut lesen konnte. So landeten wir auf einmal in Forbach, wo wir nun gar nicht hin wollten, das liegt mehr in Richtung Baden - Baden. Nach einigen Wirrungen mit Abstechern über teils sehr kleine Landstraßen, die durchaus schön anzusehen waren, uns aber kaum dem Ziel näher brachten, funktionierte das Navi auf einmal wieder gut, und so gab es ab dort eine Alternativ - Route, die uns über Freudenstadt und Schiltach nach Rottweil führte. Dort sollte es dann endlich auf die A 81 gehen, um wieder etwas mehr Zielstrebigkeit in die Fahrt zu bekommen. Da brach leider wieder sein Mautvermeidungssport mit dem Fahrer durch und anstatt auf die A 81 aufzufahren, kurvte zunächst etwas desorientiert in der Gegend herum, das führte uns dann schließlich über Villingen - Schwenningen und Donaueschingen bis nach Blumberg, wo kurz danach ein kleiner Grenzposten zur Schweiz erreicht wurde. Damit waren wir nun doch dem Ziel schon bedeutend näher gekommen, wenngleich man über die Autobahnen in dem Fall sicher schon seit einer Stunde am Endziel gewesen wäre und hier waren wir ja erst gerade mal an der schweizer Grenze. Nun ist es von der Grenze bis Sankt Gallen nicht mehr übermässig weit, vielleicht 70 - 100 km, womit wir den weitaus größten Teil der Strecke schon hinter uns hatten. Wäre da nicht dieser Busfahrer gewesen. Vielleicht 3 km hinter der Grenze, also auf schweizer Gebiet, begann der Busfahrer vorne hinter dem Lenkrad wie ein Rohrspatz in bulgarisch zu schimpfen und zu toben, als habe jemand ihm sein letztes Butterbrot gestohlen. Zunächst war kein Grund für diesen Wutausbruch erkennbar, wie sich dann aber schnell heraus stellte, leuchtete auf seinem Armaturenbrett eine Warnlampe auf, die im sagte, dass der Tank vom Bus fast leer ist. Das ärgerte ihn deshalb so maßlos, weil der Dieselpreis in der Schweiz zu dem Zeitpunkt etwas höher lag, als in Deutschland. Da in den Bus 750 Liter Diesel rein passen, wie man aus seinen Äusserungen heraushören konnte, ist es schon ein gewaltiger Unterschied, ob ich für 1,10 Euro oder für 1,40 Euro pro Liter tanke. Kurzerhand beschloss der Busfahrer, dann lieber die paar Kilometer bis zur Grenze zurück nach Deutschland zu fahren und an an einer deutschen Tankstelle den Bus wieder volllaufen zu lassen. Trotz ziemlichem Unmut unter den Reisenden, denen auch schon der Magen knurrte, wendete der Busfahrer auf einem kleinen Parkplatz bei Schaffhausen und fuhr zurück. Ein paar Kilometer auf deutschem Gebiet fand er eine große Tankstelle, wo dann erst mal ein 20minütiger Tankstopp angesagt war. Einige Busreisenden versorgten sich schon im Shop der Tankstelle mit etwas Essbarem. Dann kam es aber noch dicker. Nachdem der Bus vollgetankt war, machte sich der Busfahrer auf an die Kasse und wollte dort mit einer Kreditkarte bezahlen. Die Frau hinter der Kasse beschied ihm aber, dass Karten von diesem Kreditinstitut nicht akzeptiert würden, er solle mit normaler EC - Karte oder einer der auf einer Liste aufgeführten Karten bezahlen. Beides hatte er nicht. So war Barzahlung angesagt. Das ereiferte den ohnehin schon geladenen Busfahrer so sehr, dass er gegen die Kassentheke trat, worauf ein Behälter mit Bonbons herunter stürzte und sich über dem Boden ergoss. Sogleich entstand im Kassenhäuschen ein Tumult, worauf zwei Beschäftigte der Tankstelle herbei eilten und den Busfahrer in den Schwitzkasten nahmen. Anschließend wurde die Polizei verständigt. Die war erstaunlich schnell, nach weniger als 2 Minuten, vor Ort. Inzwischen tummelten sich die ganzen Fahrgäste, uns eingeschlossen, auf dem Tankstellengelände, ein Riesendurcheinander ! Die Polizisten überprüften die Papiere des Busfahrers und damit war dann auch erst mal Schluß, denn es stellte sich heraus, dass der für Deutschland gar keine Busfahrerlizenz hatte und dass er außerdem seit längerem wegen “Leistungsbetrugs” gesucht wurde. Der hatte wohl in Pforzheim mal irgendwann zu Unrecht Sozialleistungen kassiert, die er zurück zahlen musste, was er aber nie gemacht hatte. So wurde der Mann erst mal festgesetzt. Wegen der fehlenden Buslizenz durfte er ohnehin nicht weiter fahren. So wurde die Bus - Betreiberfirma von den Polizeibeamten angerufen, damit die einen Ersatzfahrer, natürlich mit Lizenz, vorbei schicken sollen. Nach mehrmaligen Rückrufen hiess es zuerst, dass ein Ersatzfahrer in 3 Stunden vorbei kommen würde. Später hiess es, dass es doch eher 8 Stunden dauern würde. Das wollten die Tankstellenleute nicht mitmachen, da der Bus und die rund 30 herumirrenden Reisenden den Tankstellenbetrieb störten. Damit nicht genug, so einmal aufmerksam geworden, schauten sich die Polizisten den Bus als solchen mal etwas genauer an. Sie kamen zu dem Schluß, dass der Bus nicht mehr verkehrstauglich sei. Irgendwie entdeckten die nämlich, dass hinten eine Radaufhängung gebrochen sei und dass größere Mengen schwarzes Motoröl aus dem Motorraum liefen. Sie untersagten mit diesem Bus jede Weiterfahrt und ordneten an, dass der Bus zu einer Dekra- oder TÜV - Prüfstelle verbracht werden müsse.

Somit endete für uns diese Tour dort erst einmal. Ratlosigkeit machte sich unter uns Reisenden breit. Der Fahrer weg, der Bus musste von dort unter Polizeibegleitung nach Konstanz zu einer Prüfstelle gefahren werden und alle Reisenden standen nebst Gepäck wie die begossenen Pudel neben der Tankstelle. Immerhin war das Wetter schön. Nicht auzudenken, wie die gleiche Tour ausgesehen hätte, wenn es geregnet hätte, oder besser gesagt, wie wir dann ausgesehen hätten. Ein freundlicher Polizist setzte sich dann aber über seine Leitstelle mit der Reisegesellschaft auseinander, worauf die dann doch zusagten, binnen kurzer Zeit für Abhilfe zu sorgen. Jedenfalls gelang es dann irgendwie, dass vom gleichen Busunternehmer innerhalb von etwa einer Stunde dort wo wir standen ein ähnlicher Ersatzbus eintraf. Der sah äusserlich fast genauso aus, auch schon sichtlich mehrfach laienhaft übertüncht und mit etlichen Roststellen im Blech, aber gravierende technische Mängel hatte der wohl nicht. Dass das so schnell dann doch noch geklappt hatte, war dem Umstand zu verdanken, dass die selbe Reisefirma gerade eine Ladung Reisende von einer anderen Tour in Basel abgeladen hatte. So wurde dieser Bus frei und konnte nebst Fahrer dann innerhalb dieser einen Stunde zu uns kommen. Ganz ehrlich gesagt, der Fahrer von diesem Bus sah auch alles andere als Vertrauen erweckend aus, ein irgendwie komischer Typ. Eine sehr ungepflegte, bärtige Erscheinung mit zauseligen, langen, fettigen Haaren, stets eine Sonnenbrille auf der Nase, die der Bauweise nach mindestens schon 50 Jahre alt war, eigenartige Kleidung, die ein wenig an alte graue Winter - Unterhosen erinnerte. Egal, Hauptsache der Typ sorgt dafür, dass wir ans Ziel kommen, dachten alle. So ging es los. Immerhin hatte sich die Leitung der Reisefirma etwas als kleine Wiedergutmachung einfallen lassen, und zwar dass alle Reisenden in dem schweizer Städtchen Frauenfeld ein gutes Mittagessen nebst Getränken spendiert bekamen. So wurde dieser Ort zuerst zum Essen fassen angesteuert. In einem relativ großen, aber dennoch sehr gemütlichen Restaurant mit angeschlossenem Hotelbetrieb, gab es dann ein wirklich sehr leckeres Menü. Man konnte unter 12 verschiedenen Menüs auswählen. Aus Platzgründen möchte ich ansonsten auf diese Etappe nicht näher eingehen, wie gegessen wird weiss ja jeder. Nachdem alle die Bäuche voll hatten, ging die Reise nach rund 90 Minuten weiter in Richtung Sankt Gallen. Obwohl nun scheinbar endlich alles in geordneten Bahnen verlief und St. Gallen nicht mehr sehr weit weg lag, vielleicht 40 km noch, sollten wir unseren Zielort nie erreichen. Es begann zunächst damit, dass kurz vor der Stadt mit dem kurzen Namen Wil die  Straße abgesperrt war, weil dort eine große Radsportveranstaltung stattfand. So beschloss der

Radsportveranstaltung in der Schweiz

Busfahrer im Bogen ein Stück zurück zu fahren, um dann vor Wil auf die schweizer Autobahn A 1 zu fahren, da dort mit Sicherheit nicht mit Radlern zu rechnen sei, die A 1 hätte man dann in einem Durchlauf bis Sankt Gallen befahren können. Jedoch inzwischen war einem mitreisendem Mann, der etwa 50 Jahre alt war, seine zuvor zügellose Überfressung in dem Lokal nicht bekommen und er musste kotzen. Der hatte zuvor bei dem spendierten Mittagessen sicher drei mal Nachschlag geholt, obwohl die Portionen wirklich anständig waren, dann hat er dazu Unmengen Bier getrunken und danach dann noch

irgendwelche Marzipan - Teilchen gefressen. Also da hätte jeder Magen rebelliert, vor allem bei den Mengen. Nachdem der zweimal im Bus gekotzt hatte, und es ihm danach nicht besser ging, beschloss der Fahrer, zunächst mal einen kleinen Seitenweg rein zu fahren, und dort eine halbstündige Erholungspause für den, aber auch für uns alle einzulegen und den Bus durchzulüften. Nach dieser Pause ging es dem Kotzbrocken wieder besser, die Luft im Bus stank auch nicht mehr nach Kotze und so ging es weiter. Aber nicht weit. Der Weg, den der Busffahrer eingeschlagen hatte, wurde immer enger und führte auf eine uralte Steinbrücke zu. Wir meinten, da sei wohl Umkehren angesagt, der Busfahrer grinste hämisch und meinte, das sei alles kein Problem, man müsse nur wissen, wie man vor der Brücke lenkt, das sei wichtig und dann komme man auch mit dem Bus darüber. Mit durchaus zügiger Fahrweise donnerte er über die Brücke und es gab ein riesiges Rumms- und Schrammgeräusch und der Buss hatte vorne an der Fahrerseite die Begrenzungsmauer der Brücke gerammt. Nun hätte man gedacht, dass der Fahrer spätestens

jetzt langsam zurück rangiert und dann weiter davor wendet, aber das ging nicht mehr. Durch den Aufprall an die Begrenzungsmauer aus Bruchsteinen, war die Lenkung des Busses beschädigt worden und es ging gar nichts mehr; weder vor noch zurück. Man kann noch froh sein, dass der Bus nicht von der Brücke stürzte. Unter der Brücke floß in etwa 15 Meter Tiefe ein Bach her und ein Sturz des Busses in diese Tiefe, wäre uns Reisenden sicher nicht wirklich gut bekommen. Das schon Erlebte sollte sich in ähnlicher Weise wiederholen. Offensichtlich

Bus rammt Begrenzungsmauer der alten Brücke

ist das ein Markenzeichen dieses Bus - Unternehmens, dass keine Reise am Ziel endet, sondern immer zu einer Odyssee von Pannen und Peinlichkeiten wird. Immerhin bei noch schönem Nachmittagswetter saßen wir in der schönen Landschaft fest. Der nächste Ort etwa 6 km entfernt. Andere Autos, die inzwischen dort eingetroffen waren, weil sie diese Straße befahren wollten, aber durch den Bus nicht mehr weiter kamen, hupten zunächst, sahen dann aber, dass es nichts half und wendeten. Einige von denen hatten wohl die Gendarmerie - Polizei angerufen, die etwa 10 Minuten nach dem Vorfall eintraf. Der eine Polizist meinte schon leicht grinsend, dass sie das schon kennen würden, es wäre nicht der Erste, der sich dort festgefahren hätte und wir sollten froh sein, dass er nicht über den Brückenrand gestürzt sei, das wäre erst vier Wochen zuvor an der gleichen Stelle passiert. Kein wirklicher Trost. So stockte die Reise erneut und das nur etwa 40 Kilometer vor dem Ziel. Die Stockung dauerte zum Glück nicht lange und hier sei ausdrücklich die

Linienbus als Ersatz - Reisebus

enorme Hilfsbereitschaft der schweizer Kantonspolizei gelobt, die es, nach Rücksprache mit unserem Bus - Veranstalter binnen Kürze schafften, einen Ersatzbus aus der Schweiz zu organisieren. Die Reisegesellschaft wollte sich zuerst quer stellen und die Kosten für diesen Not - Transport nicht übernehmen, aber seitens der Polizei hat man denen eine fünfstellige Strafsumme in Aussicht gestellt, was zum Einlenken der Verantwortlichen führte. Es war ein schweizer Linienbus, der kurzerhand hierfür nebst Fahrer zur Verfügung gestellt wurde. Der Komfort war für die verbleibenden 40 km völlig ausreichend,

Hauptsache war, dass es weiter ging und wir noch an dem Tag in unser Hotel in St. Gallen kommen konnten. Das klappte seitens der Organisation der schweizer Polizei und des regional zuständigen Linienbusbetreibers so perfekt, dass man fast meinen mochte, es wäre alles von Anbeginn an so organisiert gewesen. Das ist eben schweizer Präzision, Bravo! Eine mitreisende Familie hatte unterdessen die Faxen dicke, wie man so sagt, und beschloss, die Reise hier abzubrechen und sich mittels Taxi zum nächsten Bahnhof bringen zu lassen und nachhaus zu fahren und später die Kosten vom Reiseveranstalter einzuklagen. Das kann man absolut verstehen, zumal die mit zwei Kindern im Alter von etwa 7 oder 8 Jahren unterwegs waren, die das alles doch sehr schlauchte. Ein Abbruch war für uns allerdings noch keine wirkliche Option, es ging ja weiter. Man mag es schon ahnen, schon bald kündigte sich ein neues Problem an, welches allerdings nicht am Bus oder dessen Fahrer lag. Der Fahrer wollte ja wissen, wo wir genau hingebracht werden sollen. So legten wir ihm die Reisebeschreibung vor, wo das genaue Ziel und der Name des Hotelbetriebes verzeichnet waren. Der Fahrer hielt auf einem Parkplatz etwa 5 km vor Sankt Gallen an und ließ sich von uns diesen Adresskopf noch mal genau zeigen, der dort als Zielhotel beschrieben war. “Ja daaas ischt nicht in Sankt Gallen!” sagte er. Wir fanden, da steht aber doch eindeutig Sankt Gallen drauf. Darauf erklärte er uns, dass Sankt Gallen auch dieser ganze Kanton heissen würde und die auf dem Reisebillet beschriebene Adresse und Straße sei nicht in der Stadt Sankt Gallen selbst, sondern in einem kleinen Dorf in Richtung Herisau. Das Dorf gehöre noch zum Kanton Sankt Gallen, während Herisau zum Kanton Appenzell zählt. Der Fahrer kannte die Adresse und sagte, es sei kein Hotel, sondern ein ehemaliger Aussiedlerhof, der vor Jahren zur Pension umgebaut wurde. Dorthin könne er uns nicht bis vor die Türe bringen, weil es nur eine kleine Straße gebe, wo sich der unhandliche Bus nicht mehr wenden liesse. Aber ungefähr bis 2 km davor könne er uns bringen und dort aussteigen lassen. Wir müssten die restlichen 2 km dann zufuss laufen. Das begeisterte uns nicht gerade, aber wir hatten keine andere Wahl, es sei denn, wir wären dem Beispiel der og. Familie gefolgt, was wir aber trotzdem nicht taten. So wanderten wir, zum Glück vorwiegend bergab, weil die Pension tiefer lag, bei schon leicht hereinbrechender Dämmerung, da es zwischen den massiven Bergen deutlich früher dunkel wird, die knapp 2 km bis zu der Pension. Manche waren bitter enttäuscht, aber die Lage war einfach so genial, dass wir das eigentlich sogar positiver fanden, als ein Hotel mitten in einer quirligen Stadt. Total abgeschieden

vom Rest der Welt lag das frisch renovierte Gebäude der Pension da. Es wirkte von weitem von der Zufahrt kleiner, als es in Wirklichkeit war. Es war in einem seltenen Winkel - Baustil errichtet, bei dem das hintere Drittel des Gebäudes leicht abgewinkelt gebaut ist, im Vergleich zum Rest des Hauses. Das hatte früher wohl wettertechnische Gründe. Einige der Mitreisenden waren auf 180 und kochten vor Wut, weil sie ein riesiges tolles Hotel erwartet hatten mit viel Prunk und Glamour, uns gefiel es dort sehr gut. Die Betreiber der Pension, ein Ehepaar, bei dem die Frau aus Deutschland stammte, irgendwo aus dem Raum Ulm glaube ich, und der Mann war ein echter Schweizer. Die waren sehr freundlich und nett, mussten nun aber unter den zersplitterten Erwartungen etlicher anderer

Die Pension in einem umgebauten Bauernhof
Pension aus der Ferne von anderer Seite

Mitreisenden leiden, weil die denen Vorhaltungen machten, obwohl diese Leute am allerwenigsten etwas dafür konnten. Wir haben denen gleich gesagt, dass sie auf uns zählen können, weil es uns dort allerbestens gefiel. Einige der Mitreisenden fanden es nach genauer Betrachtung dann doch sehr schön und wollten auch bleiben. Etwa 8 Leute sahen das ganz anders und wollten keine Sekunde länger in diesem “Provinznest” bleiben, wie einer von denen das nannte. “Fehlt nur noch, dass wir morgen früh erst ein paar Kühe melken müssen, bevor wir Frühstück kriegen!”, meinte ein anderer. Das war natürlich haltlos übertrieben, auf dem Hof gabs gar keine Viecher mehr, ausgenommen 2 Katzen. Es gab auch gar keine Stallungen mehr, diese grenzten früher mal direkt ans Haus, wurden beim Umbau zur Pension jedoch abgerissen, da sie ohnehin baufällig waren, wie uns die heutigen Besitzer erzählten. Die genannten 8 Personen gaben keine Ruhe und die Pensionsbetreiber hatten natürlich auch keine Lust, sich ständig mit den sehr frustrierten Leuten auseinander setzen zu müssen. So regelten die das irgendwie telefonisch mit der Reisefirma, dass diese unzufriedenen Reisegäste in einem Hotel, auch nicht in Sankt Gallen, sondern in dem Städtchen Herisau

untergebracht wurden. Der Hausherr der Pension hat diese dann selbst mit seinem VW - Bus dorthin gefahren. Ab dann herrschte herrliche Ruhe dort. Wir erhielten ein sehr geschmackvoll eingerichtetes, schönes Zimmer. Nicht sonderlich groß, aber äusserst angenehm und durchdacht gestaltet. Wer jetzt in solch einem Haus ein rustikal mit bemalten Bauernmöbeln eingerichtetes Zimmer erwartet, liegt völlig daneben. Die Art der Einrichtung war

Pensionszimmer, einfach aber gemütlich

erfrischend geradlinig einfach, hatte jedoch in Teilbereichen sogar etwas künstlerisches und das ganz ohne die altbackenen Vorstellungen von alpinen Unterkünften zu bedienen. Auf dem Zimmer gab es, neben Fernseher und Radio, sogar einen Computer mit Internetanschluß. Zur linken Seite hin gab es einen schönen, abgetrennten Bad - und WC - Raum mit großer Duschecke und Wannenbad. Wie ich später erfuhr, hatten die meisten Zimmer hier nur eine Duschkabine plus WC, also kein zusätzliches Wannenbad, wir hatten da wohl eine leicht gehobene Ausstattung erwischt. Dazu gab es noch einen tollen Balkon mit herrlicher Aussicht auf die Umgebung und die Berge. Zimmer mit Balkon gab es nur in den Räumen im ersten Stock der Gebäuderückseite. Die Leute die in Zimmern auf der Vorderseite untergebracht worden waren, mussten ohne Balkon auskommen, ebenso alle, die im Erdgeschoss ihr Zimmer hatten. Dieser Bad - Raum sah aus, als sei der erst innerhalb des letzten Jahres ganz neu gemacht worden. Das hätte man dort sicher dem äußeren Anschein nach nicht erwartet. Es war schon stockfinster draußen, aus der Ferne hörte man waberndes Rauschen, welches von einem Bachlauf in 2 km Entfernung herüber schallte, ansonsten nichts, absolut Totenstille. Ein leckeres leichtes Abendessen gab es noch und dann sind wir nach einem angenehmen Plausch mit den Pensionsinhabern vielleicht gegen 22.30 Uhr ins Bett gegangen. Wir waren aber auch restlos kaputt, nach dem ereignisreichen Tag, der uns anfangs mehrere Momente der Fast - Verzweiflung abgerungen hatte. Ich glaube es dauerte keine 2 Minuten, bis wir fest und tief eingeschlafen waren.

Bergmassiv in der Umgebung

Es folgte der zweite Tag, der zugleich der erste Tag war, den man komplett vor Ort zur freien Verfügung hatte. Am danach folgenden Tag sollte die im Reisepreis enthaltene 5 - Stunden - Wanderung mit Wanderführer stattfinden. Man muss es vorweg schicken, dass der Säntis in dieser Region schlicht und ergreifend “Der Berg” ist, um den sich alles dreht. Intern hat sogar die ganze Region den Namen Säntis - Region, wobei sich das auf einen Umkreis von etwa 40 km um diesen wirklich phantastisch schönen Bilderbuch - Alpenberg bezieht. Dieser Berg ist mit über 2500 Metern längst nicht der höchste in der Schweiz, aber in dieser Region schon und zudem von der Optik her, der Art der teils sehr steil ansteigenden Flanken wirkt er imposanter, als so manch anderer Berg, der vielleicht noch einige hundert Meter höher ist. Von unserer Unterkunft bei Herisau lag der Säntis allerdings noch relativ weit südlich, da lagen locker noch 15 km Luftlinie dazwischen und vor allem kaum passierbare Zwischengebiete, die ihrerseits über ordentliche Bergrücken von 1500 bis über 1900 m Höhe führten, je nach dem, von welcher Seite man daran wollte. Für diesen ersten Tag zur freien Verfügung war bei uns erst mal die leichte

Erwanderung der näheren Umgebung um unsere Pension angesagt. Alleine da gab es schon gewaltige Brocken von alpinen Bergen, die uns als Mittelgebirgsler doch ordentlich Respekt abrangen. Wir bekamen schon ein wenig Angst vor der Ungewissheit, was uns am nächsten Tag bei der geführten 5 - Stunden - Wanderung erwarten würde. Deswegen hiess es Kräfte sammeln und sich nicht an diesem Vortag schon verausgaben. Dafür schien die Bewanderung rund um die Pension optimal zu sein. Man fand überall schöne Hänge und Bergwiesen mit gut ausgebauten Wanderwegen dazwischen, von denen aus man hervorragende Blicke auf die umliegenden “richtigen” Berge hatte, ohne selbige gleich kräftezehrend selbst erklettern zu müssen. Kayla hatte am frühen Nachmittag dieses Tages die Idee, sich vom Pensionsbetreiber zwei Mountainbike - Fahrräder zu leihen, der hatte nämlich dafür einen Verleihpool mit etwa 10 Rädern, um damit etwas weiter entfernte Bereiche zu erkunden. So schön diese Idee auch war, so schlecht war sie auch. Da kann ich Kayla allerdings keinen Vorwurf machen, denn das kannten wir ja nicht, denn das Radeln in solchen Steigungen ist für untrainierte Leute wie uns und dann noch mit so einem speziellen Rad mit gefühlten 1000 Gängen überhaupt nichts. Bevor man da bei diesen komischen hakeligen Gangschaltungen den optimalen Gang gefunden hat, liegt man, salopp gesagt, schon auf der “Fresse” oder muss zumindest schnell absteigen, weil die Kette wieder mal nicht korrekt auf dem Ritzel aufgesprungen ist, wodurch man dort, wo man Vortriebskraft gebraucht hätte, im Leerlauf herum eiert. Nichts für uns. Sowas muss man erst mal ein paar Tage lang üben, dann macht das sicher Spaß und Sinn, aber so nicht. Deswegen wurden die Räder nach einer halben Stunde ernüchtert wieder zurück gebracht. Eigentlich hatten wir vor, nach St. Gallen zu fahren, um uns mal die als sehr schön angepriesene Stadt anzusehen, aber die Strapazen des Vortages wirkten noch nach und außerdem wanderten die Zeiger der Uhr schon in Richtung 17 Uhr, da erschien uns das nicht mehr wirklich sinnvoll, da es, trotz Fast - Sommer, bereits ab spätestens 18 Uhr mit der Dämmerung beginnt und weil wir auch inzwischen schon zu müde dafür waren. Da uns am nächsten Tag die geführte 5 - Stunden - Wanderung bevor stand, war allgemeine Schonung angesagt und wir machten es uns für den Rest des Tages in der Pension gemütlich.

Der schon ein wenig gefürchtete dritte Tag brach an. Morgens mit einem gewaltigen Kraft - Frühstück in der Pension, lecker wäre maßlos untertrieben, jeder bekam aus der Küche zudem ein Verpflegungspaket mit auf den Weg, nebst schönem Kompakt - Rucksack (letzteren leihweise). Dann hiess es Wanderschuhe anziehen, nachdem zuvor dicke Klamotten übergezogen wurden, die uns hier vor der Pension zunächst gewaltig ins Schwitzen brachten. Es hieß aber, dass weiter droben selbst tagsüber laut aktuellem Wetterbericht mit Temperaturen von maximal nur 5 Grad zu rechnen sei. Um 7.30 Uhr sollte die Wanderung starten. Jedoch der Wanderführer fehlte. Ein Herr Zuberbühler sollte das sein. Es wurde 8 Uhr, kein Zuberbühler zu sehen, es wurde 8.30 Uhr, immer noch kein Wanderchef in Sichtweite. Die Pensionswirtin hatte schon mehrmals versucht, den Mann telefonisch zu erreichen, doch er meldete sich nicht. Die Reisegruppe aalte sich auf der Wiese vor der Pension und die Leute verloren langsam die Geduld. Kayla meinte auch schon, wenn der Führer innerhalb der nächsten 15 Minuten nicht auftaucht, dann fahren wir entweder zu dem berühmten Berg Säntis, der von dort vielleicht 15 km entfernt lag, oder in entgegengesetzte Richtung nach Sankt Gallen und schauen uns die Stadt an. Die gefürchtete und geführte Wanderung wäre für uns dann ersatzlos vom Plan gestrichen worden. Als hätte er das gehört, brauste ein großer Toyota - Geländewagen heran, so ein Luxusding mit 300 PS oder mehr, daraus kletterte ein eher schmächtiger Mann, der in dem Wagen fast unterging, wie ein Kinderfüßchen in Schuhgröße 48, es war unser Wanderführer der Herr Zuberbühler. Der machte einen sehr stark verwirrten Eindruck, begrüßte uns kurz, verschwand dann aber in der Pension, um mit dem Pensionsinhaber zu plauschen. Nach 10 Minuten kam er zurück und teilte uns mit, dass aus aktuellen Gründen die Wanderung auf maximal 3 Stunden gekürzt werden müsse, da ihm leider etwas Hochwichtiges dazwischen gekommen wäre. Inzwischen hatte sich seine eigene Stimmung gefestigt und er musterte jeden von uns, bzw. unsere Kleidung und besonders das Schuhwerk. Dann sagte er, da er nicht erwarten könne, dass wir uns wegen dieser einen Wanderung echte teure Wanderschuhe kaufen würden, die im Minimum 500 Franken kosten würden, würde er die nun folgende Wanderung unseren Möglichkeiten nach unten anpassen. Uns sollte das nur recht sein. So starteten wir und wanderten zunächst etwa eine Stunde lang über wirklich seichte Wege, die mehr um anstatt auf die Berge führten. Immer mit großartigen Aussichten auf Berge und Täler. An einem wunderbaren Aussichtspunkt, der genau auf einer eher etwas rundlichen Plattform

eines Bergrückens lag, legten wir eine Pause ein, bei der schon mal ein Teil der mitgenommenen Verpflegung in Kalorien umgewandelt werden sollte. Für uns war dieses Fresspaket bis dahin ja noch eine Art Wundertüte, aber das Warten hatte sich gelohnt. Leckere Käse- und Wurst - Sachen mit feinstem Schweizer Brot, also einfach toll. Die beigefügten Getränke fanden nicht bei jedem Anklang, es war ein Thermosbehälter mit schwarzem Kaffee sowie in jedem Rucksack 3 kleine Minralwasserfläschchen. Ein

Ausblick von einer Kuppe  in ein Nebental

komischer Kautz aus der Reisgruppe bemängelte, dass noch nicht mal Bier dabei sei. Der Herr Zuberbühler meinte daraufhin: “Sind sie froh, denn schließlich wollen wir sie auch wieder wohlbehalten zurück bringen”. Nach etwa 30 Minuten Rast sollte es weiter gehen. Aber in kurzer Zeit zogen dunkle Wolken auf, die nichts Gutes ahnen ließen. Der Herr Zuberbühler meinte, dass heute einfach nicht sein und unser Tag sei, da ziehe mächtig was auf und wir sollten versuchen, auf dem schnellsten Weg wieder zurück zur Pension zu gelangen, bevor hier die Wölfe kotzen, sagte er wörtlich. Deswegen gingen wir nur etwa zu 30 % den gleichen Weganteil zurück, dazwischen gabs noch Nebenwege, die zwar landschaftlich bei weitem nicht so schöne Blicke boten, dafür aber die Zeit des Rückweges drastisch verkürzten, weil sie wesentlich näher waren. Als wir die Pension schon in der Ferne sehen konnten, ging die Sauerei los. Ein Gewitter mit einem Getöse und Starkregen, wie ich es zuvor noch nie erlebt hatte. Jeder Donner wiederholte sich zig mal, wegen dem Echoeffekt und alles wirkte dadurch noch viel bedrohlicher. Trotzdem gab es kein Stehenbleiben, der Wanderführer trieb uns an, wie ein Schäferhund die lahme Schafherde, damit wir so schnell wie möglich in die Pension gelangten. Das klappte auch und alle waren nass bis auf die Knochen. Der Herr Zuberbühler empfahl allen, sofort ein halbstündiges heisses Bad zu nehmen, damit sich niemand eine Erkältung einfängt. Das haben wir auch so gemacht. Ein schönes Badezimmer gabs abgetrennt in jedem Zimmer. Am Abend hörten wir von draussen ein Gegröhle, da hatte sich der oben genannte Kautz wohl Unmengen von seinem geliebten Bier nach der Rückkehr in den Hals gekippt und torkelte draussen johlend herum. Das heftige Gewitter hatte sich übrigens eine Stunde nach unserer Rückkehr verzogen. Damit endete der dritte Tag, es wurde schon wieder dunkel. Ein paar Leute aus der Reisegruppe taten sich zusammen und fragten uns, ob wir nicht Lust hätten, zusammen mit ihnen nach Herisau in eine Diskothek zu fahren. Hatten wir aber nicht, aus solch einem Kinderkram sind wir raus gewachsen und hatten ehrlich gesagt noch nie so recht Freude daran. Kayla war richtig scharf darauf, den Säntis - Berg zu sehen, also beschlossen wir, uns den am nächsten Tag anzusehen.

Am vierten und somit vorletzen Tag, der zugleich auch der letzte Tag war, an dem man wirklich etwas machen konnte, sollte es also zum Säntis - Berg gehen. Aufstehen war um punkt  6 Uhr,

Frühstück und ab nach Herisau. Der freundliche Pensionswirt fuhr uns mit seinem VW - Bus bis Herisau, weil er ohnhin dorthin musste, um Nachschub für die Küche zu holen. Von dort aus gab es eine Busverbindung direkt zum Berg der Berge. Über landschaftlich sehr reizvolle kleine Straßen schlängelte sich der Bus bis zu einer Talstation einer Seilbahn, die aber auch schon ganz ordentlich hoch lag. Vor dort aus zweigten zudem zahlreiche Wege auf und um den Berg ab. Wir waren so früh dort, dass wir gleich die erste offizielle Fahrt des Tages mitmachen konnten. Natürlich gab es vorher schon Fahrten, die nur für die Beschäftigten vom Gipfel und das dortige Lokal als Materialtransport dienten. Das war insofern gut, wie uns eine Dame an der Talstation mitteilte, weil es meist ab der zweiten oder dritten Fahrt sehr voll dort wird, während die erste weniger

Säntis, Hauptbergteil / Gipfelberg
Seilbahn auf den Säntis
Auf dem Gipfel

genutzt wird, da es vielen Touristen zu früh ist, weil man die Anfahrt bis zur Talstation ja mitrechnen muss. Nicht ohne Grund wurde an der Talstation auf einem Schild für Leute mit Gesundheitsproblemen gewarnt, dass sie oben auf dem Gipfel Probleme kriegen können, z.B. mit dem Kreislauf oder mit der Atmung, weil es dort wesentlich dünnere Luft hat, wie man so sagt und weil man beim Ausstieg aus der Seilbahn oben gleich erst mal einen Kälteschock bekommt. Unten waren es morgens 14 Grad, oben nur 1 Grad und es lag in bestimmten Bereichen sogar noch einiges an Schnee. Erstaunlich fand ich, welche doch schon riesige Bauten man auf dem Gipfel errichtet hat. Da ist einerseits eine große Sendestation von Rundfunk und Fernsehen sowie für Kommunikationsverbindungen, aber auch ein riesiges Restaurant, ich glaube sogar mit Hotelzimmern. Außer dass es uns trotz guter Kleidung saukalt war, fanden wir alles schon

Säntisbesuch: erneut braut sich Unwetter zusammen

sehr sehenswert. So gingen wir gemütlich rund und schauten uns alles mehrfach an. Wie im Flug verging die Zeit und gegen 11 Uhr kam Hunger auf. Kayla meinte, wir sollten vielleicht in dem Gipfel - Restaurant schon zu Mittag essen. Ich befürchtete unterdessen, dass das sehr teuer sein wird, wegen Gipfel - Zuschlag usw., weil es ja sehr teuer ist, alles rauf zu schleppen und die Bauten oben instand zu halten. Ein Blick auf die Speisekarte brachte hier aber Aufklärung. Die Preise kann man sicher nicht als billig bezeichnen, aber ich hätte mit wesentlich mehr gerechnet. So gönnten wir uns dort Spaghetti - Napoli mit Salat und Schweinemedaillion. Wenn ich mich recht entsinne, kostete es 26 Euro pro Person, es wurden auch Euros akzeptiert. Es ist keine Übertreibung, es waren die besten Spaghetti-Napoli, die ich in meinem Leben bislang gegessen hatte; vor allem bezogen auf den Geschmack. Die Menge war nicht übermässig, was Sinn macht, denn wenn sich da oben einer voll frisst, bekommt er mit großer Wahrscheinlichkeit Behaglichkeits -

Probleme bei der Abfahrt mit der Seilbahn, zumindest wenn es einer ist, der sowas nicht gewöhnt ist und das trifft sicher auf die meisten Touristen zu. Nach dem Essen drehten wir oben noch mal eine Verdauungsrunde und fuhren dann mit der Seilbahn wieder zu Tal. Als wir an der Talstation angekommen waren, beschlossen wir noch rund 3 km eines der mittleren Bergwege zu wandern. Dann wurde es plötzlich wieder ziemlich düster, es bahnten sich wieder Gewitterwolken ihren Weg. So eilten wir zurück zum Ausgangspunkt und fuhren mit dem nächsten Bus zurück nach Herisau. Obwohl es sehr nach Gewitter aussah, verzogen sich diese Wolken nach einer halben Stunde wieder, als wir schon im Bus saßen. Kurz vor Herisau waren entlang der kleinen Landstraße Bauern die Wiesen mit Gülle am düngen, was dazu führte, dass das ganze Tal vor Gestank nur so waberte und man fast keine Luft mehr bekam. Einen solch extrem starken Güllegestank habe ich zuvor noch nie irgendwo erlebt. Vermutlich glaubten die Bauern auch, dass ein Gewitter aufzieht und ihre Brühe dann schön in den Boden gespült wird, so dass sie alles ausbrachten was greifbar war. Wie ich viel später erst bei uns zuhause feststellen musste, sind die meisten Fotos, die ich auf dem Säntis geschossen hatte, qualitativ nicht allzu toll geworden. Vermutlich hatte sich durch den extremen Temperaturunterschied in der Kamera so eine Art Kondensdunst gebildet, der für recht trübe oder irgendwie leicht matschig-komische Bilder sorgte. Kayla meinte, es hätte vielleicht an dem starken Radiosender oben auf dem Gipfel gelegen, dass dadurch die Elektronik in der Kamera verrückt gespielt hat. Einen Grund wirds wohl gehabt haben, denn andernorts funktionierte alles wieder pefekt. In Herisau hingen wir zunächst eine Weile fest, weil es von dort keine öffentliche Verkehrsanbindung in die Nähe der Pension gab. Wir wollten die Pensionsinhaber damit auch nicht nerven, damit die uns dort abgeholt hätten, sonst hätten wir die notfalls angerufen. Aber es gibt ja Taxen. In der Nähe der Bushaltestelle gab es sogar einen Taxistand, wo normalerweise immer 3 Taxen auf Reisende warten sollen, die waren aber leider alle unterwegs. So schlenderten wir ein wenig nach Herisau hinein, auch eine stellenweise sehr schmucke kleine Stadt, mit auffallend vielen rundlichen Dächern an den Häusern, die zur Gebäudemitte hin so eine Art runden Buckel im Dach hatten, meist mit einer Art Gaube darunter. Das habe ich in dieser Formgebung zuvor auch noch nie gesehen. Da wieder einmal die hereinbrechende Dämmerung das nahende Ende dieses Tages anzeigte, hiess es, alsbald eine Möglichkeit zu finden, um zur Pension zu gelangen. In der Nähe des Bahnhofs gab es Taxen satt und so orderten wir dort die Rückfahrt. Eine sehr freundliche Taxifahrerin brachte uns dann mit ihrem Mercedes - Taxi bis zu Pension. Sie machte unterwegs noch deutlich Werbung für Hersiau sowie für Sankt Gallen, dass man eigentlich unbedingt beide Städte gesehen haben müsse, wenn man schon mal da ist. Gut von Herisau haben wir ein paar kleine Fetzen gesehen, auch nicht wirklich viel, aber von Sankt Gallen noch gar nichts. Da eine Besichtigung im Dunkeln wenig Sinn macht, hätten wir das gerne noch am nächsten und letzten Reisetag gemacht, aber die Abfahrt unseres Busses war für 10 Uhr am Morgen angesagt, da hätte man vorher keine Stadtbesichtigung von Sankt Gallen mehr durchführen können. Selbst dann nicht, wenn man um 6 Uhr dorthin gefahren wäre, denn man hat dann keine Ruhe, sich das mal etwas genauer anzusehen. Zum “Säntis-Abschluß” noch ein Breitmotiv aus 2

zusammengesetzten Fotos, welches fast das gesamte Säntismassiv in voller Breite zeigt. Nur am rechten Rand fehlt noch eine Erhebung, die nicht ganz drauf passte.

Breitmotiv_Säntis

Um diese Breite zu erfassen, musste man schon fast aus 15 km Entfernung knipsen. Kurz hinter der Pension tat sich auf einem Hügel ein entsprechender Fotostandort auf und in den paar Tagen, wo wir dort waren, auch nur an diesem einen Tag passte das Wetter so weit, dass man das Motiv aus der Entfernung in dieser Klarheit überhaupt sehen konnte. Das Wetter ist da manchmal sehr launisch und schon bei leichter Dunstbildung wirkt das in der Ferne nur sehr schemenhaft-gräulich oder ist gar nicht zu sehen.

Der fünfte Tag, der zugleich Abreisetag war, begann. Wir und die anderen Teilnehmer der Reise hatten intern schon Wetten abgeschlossen, was bei der Rückfahrt wohl alles schief laufen würde und wie oft wir den Bus wechseln müssen, weil irgendwas ausfällt oder der Fahrer den Bus zu Klump fährt. Man hatte vor dieser Fahrt schon beinahe ein Gefühl im Bauch, wie vor einem großen Abenteuer, welches man vorher nicht kalkulieren kann, eben wegen der Negativerfahrungen auf der Hinreise. Start der Rückreise sollte in Herisau um 10 Uhr an der bereits bekannten Bushaltestelle am Ortsrand sein. Damit wir nicht umständlich noch mehrere Taxen für die ganze Reisegruppe bestellen mussten, bot der Pensionsbetreiber an, alle Leute nebst Gepäck in 3 Fahrten mit seinem VW - Bus dorthin zu fahren. Da die Strecke von der Pension bis zu der Bushaltestelle etwa 6 km lang war, ließ sich das so gut handeln. Wir waren bei der zweiten Tour mit dabei. An der Haltestelle trafen dann auch die 8 Leute zufuss ein, die nicht mit in der Pension geblieben waren, sondern in Herisau in einem kleinen Hotel untergekommen waren. Einige von denen machten einen recht kaputten Eindruck, weil sie in ihrem Hotel wohl des nachts im Keller zu sehr in einer dort installierten Bar gehockt hatten und sich ordentlich die Kante gegeben hatten. So warteten wir und mit einer verzeihbaren Verspätung von etwa 15 Minuten traf unser Reisebus ein. Anfangs dachten wir, es wäre gar nicht unser Bus, weil eine andere Firma drauf stand und weil der Bus fast neu war, kein Rost, keine vergammelten Stellen, kein übertünchter Lack. Der Fahrer machte auch einen ordentlichen Eindruck. Genauso ordentlich klappte dann auch die Rückfahrt bis Karlsruhe ohne jegliche Zwischenfälle, womit sie kein neues Futter für diesen Bericht hergab. Da man von der Hinreise anderes gewohnt war, kam einem die reibungslose Rückfahrt fast schon ein wenig langweilig vor.

Rückbetrachtet war es schon verrückt, da hat man eine Reise nach Sankt Gallen gebucht und man bekommt alles zu sehen, nur nicht Sankt Gallen. Eines ist versprochen, wenn uns nicht vorher der Blitz trifft oder ähnliche Gründe dagegen wirken, Sankt Gallen, wir kommen! Dieses Jahr vielleicht nicht mehr, aber dann im nächsten Jahr. Die Region hat uns so gefallen, da wollen wir unbedingt nochmal hin. Hinzu kommt, dass es von dieser Region nicht weit zum Bodensee ist, den ich früher schon immer sehr gerne besucht habe. Besonders war ich schon immer ein sehr großer Fan der Stadt Konstanz. Leider war ich sicher schon über 10 Jahre nicht mehr dort. So keimt schon die Überlegung, diese beiden Ziele zusammen zu legen, und vielleicht eine 10 - Tages - Tour zu machen, die anteilig im Bereich Bodensee und hier im Säntis - Bereich stattfinden wird. Dann werden wir aber mit unserem eigenen Auto hin fahren, weil man damit wesentlich unabhängiger ist, was bei den relativ weiten Strecken zwischen den interessanten Stellen sehr wichtig ist. Das erleichtert den gesamten Reiseablauf extrem und man kann die Zeit erheblich besser ausnutzen, da man sich nicht nach den oft etwas eingeschränkten Möglichkeiten des öffentlichen Nahverkehrs zu richten braucht. Mit dem Auto kann man z.B. auch noch um 16 Uhr zu einer Besichtigung von St. Gallen starten, wenn es dann eben nach 2 Stunden dunkel wird, fährt man wieder zur Pension zurück und setzt die Besichtigung am nächsten Tag dort fort, wo man zuvor aufgehört hat. Mit dem Bus und der Bahn wäre das alles zu lästig und man vertut mehr Zeit mit dem Warten und dem Weg zu Haltestellen, als wie mit der eigentlichen Besichtigung. Zur Unterbringung haben wir ja jetzt die Adresse der ruhig gelegenen Pension und ich denke, das wird dann auch wieder unsere Anlaufstelle sein. Ich habe da nämlich schon mal die Fühler ausgestreckt und wenn wir bei denen so ein Zimmer buchen würden, also ohne diese Reisegesellschaft im Hintergrund, dann wären die Preise auch nicht viel teurer, sofern wir in der sogenannten Vor- oder Nachsaison und keinesfalls in der Sommerferiensaison oder im Winter buchen. Im Winter werden wir uns hüten, dorthin zu fahren, da wir beide es nicht so sehr mit Winterwetter haben und die Winter dort droben sehen nochmal ganz anders aus, als im Großraum Karlsruhe.

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