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Röhrenradio
Vorbemerkung zur besseren zeitlichen Einordnung, weil es sonst im Gesamtbezug zu Verwirrungen kommen könnte: auch dieser Bericht entstand im Jahre 2004.
Besonders technisch gesehen war ich diese Woche wieder ein wenig vom Pech verfolgt. Meine Hifi - Anlage versagte ihren Dienst. Ich höre jeden Tag morgens um 8 Uhr die Nachrichten und dann eine halbe Stunde später die Nachrichten für die Region. Die halbe Stunde dazwischen lasse ich dann generell als Musikberieselung laufen, mit Ausnahme der Werbung, die schalte ich ab. Ich höre generell nie Werbung, auch im Fernsehen springe ich auf einen werbefreien Kanal, sobald Werbung erscheint, aber das nur am Rande bemerkt. So hörte ich diese Tage morgens auch wieder kurz nach 8 Uhr Radio und in den Lautsprechern kam plötzlich ein Plopp und dann gar nichts mehr. Die Skalenlichter glühten zwar noch, aber man hörte nichts mehr. Auch CD ging nicht mehr, man konnte eine CD noch reinlegen und sie drehte sich wohl auch, aber man hört nichts. Es ist nicht so, dass es eine sehr teure Anlage ist, sie hat noch zu DM - Zeiten, vielleicht im Jahre 1994, knapp 400 Mark gekostet. Für mich trotzdem viel Geld und meine Absicht war, sie mindestens noch 10 Jahre oder länger zu benutzen. Solche Dinge kaufe ich nur selten neu, eigentlich nur dann, wenn die alten so verschlissen sind, dass man sie nicht mehr brauchen kann. Verschlissen für eine Anlage aus dem Jahre 1994, das wäre nach meiner Ansicht viel zu früh. Viel zu früh, selbst für eine Anlage, die einst "nur" 400 Mark gekostet hatte. Eine 400 - Mark - Anlage ist gewiss nicht das Teuerste, da gab es ja schon Sachen, die locker das Zehnfache kosteten, aber es ist auch nicht das Billigste, da gab es selbst 1994 auch schon Billigstanlagen für 99 Mark. Bei so einer Billigstanlage hätte man sicherlich nichts mukiert, wenn die nach dieser Zeit den Geist aufgibt, aber für eine 400 - Mark - Anlage wäre es doch zu früh. Soweit man selbst etwas überprüfen kann, habe ich das gemacht, aber es brachte nichts. Alle Kabel waren eingesteckt. Einen Radioservice zu rufen war mir zu teuer, denn die nehmen doch nur fürs Guten Tag-Sagen schon 100 Euro. An dem Kiosk, wo ich manchmal eine Tasse Kaffee trinke und etwas schwätze, riet mir die Inhaberin, es mal bei einem kleinen Radioladen in der Scheffelstraße zu versuchen. Das ist noch so ein richtig kleiner alter Laden, wie man ihn früher kannte. Der Inhaber soll auch noch mehr nebenbei ohne große Rechnung Geräte billig reparieren. Dahin bin ich gegangen. Das Personal dort besteht aus dem Inhaber, der ist vielleicht 60 Jahre alt und seiner Tochter, die vielleicht 30 Jahre alt ist, die das Fach aber auch gelernt hat. Ich habe dem Inhaber die Sache erklärt und vor allem auf meine spärliche Finanzlage hingewiesen, damit er gleich wusste, dass ich mir keine kostspielige Reparatur oder Fehlersuche leisten kann. Der sagte dann, wenn ich es nicht eilig hätte, dann käme er in 2 Tagen mal bei mir vorbei, weil er dann ohnehin einen regulären Reparatureinsatz in meiner Nähe hätte. So kam er dann und hat sich meine Anlage mal angesehen. Etwas aufgeschraubt und mit einem Zahlenmesswerk irgendwas gemessen oder wie er sagte, eben nichts gemessen, wo etwas hätte sein sollen. Nach rund 20 Minuten Arbeit fand er einen Fehler und ein Transformator für den Verstärker in dem Apparat sei durchgebrannt. Es wäre sehr schwierig das gleiche Teil als Ersatz zu bekommen, er könne aber einen Universaltransformator dafür etwas abändern und dann ginge das auch wieder, aber selbst der kostet als Ersatzteil schon 60 Euro. Wenn er auch billig war, aber 15 Euro Arbeitskosten sollten (ohne Rechnung) noch hinzu kommen, worüber man heute gewiss nicht meckern kann. 75 Euro, das war zu dem Zeitpunkt bei mir nicht drin. Für die Fehlersuche ohne Reparatur berechnete er für die 20 Minuten nur 5 Euro, auch darüber kann man gewiss nicht schimpfen. Jetzt wusste ich zwar, was kaputt war, aber eine Reparatur war damals zumindest innerhalb der nächsten 4 - 5 Monate nicht drin, es sei denn, ich hätte aufs Tanken für den Suzuki verzichtet, das wollte ich aber nicht. So hätte ich meine Nachrichten natürlich im Autoradio im Suzuki hören können, aber das ist auch etwas umständlich, dort jeden morgen um 8 Uhr nur zum Nachrichtenhören reinzukrabbeln. Am darauf folgenden Sonntag war ein Flohmarkt und dort standen bei einem Händler gleich 8 alte Radios herum, wie man sie früher hatte, die noch eine Minute benötigen, bevor man überhaupt etwas hört. Darunter waren ein paar Geräte, die im Gehäuse etwas verschlissen aussahen, wo der Händler aber beschwor, dass sie trotzdem noch gut funktionieren. Das billigste Gerät davon sollte nur 35 Euro kosten und ich hatte mit dem wie ein Araber gehandelt und es dann für 20 Euro bekommen. Sogleich eilte ich damit nach hause und probierte es sofort aus, damit ich es noch hätte umtauschen können, wenn es kaputt gewesen wäre. Aber es funktionierte tatsächlich noch. Ein Radio wie
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früher bei Muttern und im Klang bald noch schöner als meine Hifi - Anlage aus Plastikzeug. Die Wartezeit nach dem Einschalten stört mich nicht, das Gehäuse ist noch aus richtigem Holz und ein grünes Auge zeigt wenn der Sender stark ist, davon sieht man aber leider nicht mehr viel, weil die grüne Farbe darin wohl schon altersschwach ist, aber das ist für die eigentliche Funktion eher unwichtig. So was gibt es heute also noch und die gute alte Technik funktioniert nach über 50 Jahren noch, wo der moderne Kram längst die Segel gestreckt hat.
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Das Gerät soll wohl von 1957 sein und heißt Nordmende - Carmen.Sogar ferne Länder empfängt man noch damit auf Kurzwelle und Langwelle sehr gut, das ging mit meiner Hifi - Anlage gar nicht, da war nur UKW und Mittelwelle zu empfangen und selbst Mittelwelle funktionierte schon von anbeginn an daran nur sehr schlecht. Mehr als 2 Sender bekam man auf Mittelwelle damit nie, auf UKW hingegen war sie ganz gut. Ich hatte auch schon überlegt, ob man im Supermarkt so ein Billig-Taschenradio für 10 Euro ersteht, zum Nachrichten hören hätte das zur Not sicher auch gereicht, aber die Dinger haben ja überhaupt keinen Klang, wenn schon Musik kommt, hat man damit wegen des miesen Klangs schon gar keine Lust mehr weiter zu hören. Da ist solch ein schönes altes Röhrenradio schon ein anderes Kaliber und bietet so für einen relativ günstigen Preis einen schönen Klang, mit dem auch noch das Musikhören Freude macht und nicht, dass man nach den Nachrichten gleich aus Furcht vor dem miesen Klang bei der Musik, wie von der Tarantel gestochen zum Ausschalter hastet, nur um bloß vor Beginn der ächzenden Musiktöne das Gerät stumm zu haben. Das Gehäuse von dem neuen alten Radio war leicht zerkratzt und die Lackschicht zerschlissen, ich hatte mit Polyboy mal drübergemacht und das brachte schon Verschönerung. Kayla staunte, weil sie so etwas zuvor noch nie gesehen hatte. Es waren auf ihre Weise schon kleine Meisterwerke, was die Leute da in den 50iger Jahren gebaut haben, und dass diese Dinger heute noch so gut funktionieren. Die defekte Hifi -Anlage habe ich aber damals nicht weggeworfen, vielleicht lege ich die 75 Euro später einmal dran, sie zu reparieren oder treffe mal einen, der es noch billiger machen kann, vielleicht mit einem gebrauchten Ersatztrafo. Mit dem Wegwerfen bin ich da nicht so schnell, wie manche Zeitgenossen, die solche Geräte schon in den Sperrmüll werfen, nur weil ihnen nach ein paar Jahren vielleicht die Farbtönung vom Gehäuse nicht mehr modisch erscheint. Mit den 20 Euro für das funktionsfähige Altgerät und den 5 Euro fürs Nachprüfen waren ohnehin schon wieder 25 Euro weg, die seinerzeit nicht eingeplant waren und damit war damals mein Budget für diesen Monat schon so ziemlich ausgereizt. Wissen Sie, damals, als es mir finanziell nicht so toll ging, habe ich immer für jeden Monat genau vorgeplant, was an Ausgaben in welcher Verteilung über den Monat kommen darf. Mit diesem selbst auferlegten System bin ich immer sehr gut gefahren, weil eines meiner Grundprinzipien lautet, nie im Leben auch nur einen Cent Schulden zu machen. Ich habe immer, wenn ich in meinem Leben wenig Geld zur Verfügung hatte, eine Vorhersage gemacht, welche Ausgaben ich für welchen Zeitraum innerhalb des folgenden Monats vorhersehe. Egal ob für Lebensmittel, Benzin, irgendwelche Gebühren, Mieten, Kleidung, Strom, Wasser, halt für alles, was im Verlauf eines Monats so anfallen würde. In solch ein Konzept passen natürlich unvorhersehbare Ausgaben überhaupt nicht rein und könnten das ganze System erschüttern. Das heisst, eigentlich können sie es nicht, eben weil mein System da knallhart durchkalkuliert ist. Wenn ich nämlich nach diesen Berechnungen vorhersehen kann, dass, wie im Fall Radio, 75 Euro für den betreffenden Monat an Zusatzausgaben einfach nicht drin sind, dann bleiben die Sachen eben kaputt und die Zusatzausgaben werden nicht getätigt, wenn sie sich irgendwie vermeiden lassen und in eigentlich allen Fällen lassen sie sich vermeiden. Im Ernstfall wäre man ja nicht gezwungen, Radio zu hören, also ließen sich die Reparaturkosten vermeiden. Aber 20 bis 30 Euro an Zusatzausgaben wären nach meinem Ausgaben-Kalkulationssystem drin gewesen, also war der Kauf des alten Röhrenradios im Bereich des Möglichen. Wissen Sie, schon viele, die sich für Finanzkünstler hielten, haben mich wegen dieses mir ureigenen Finanzsystems ausgelacht und oftmals gesagt, dass es heute doch so leicht sei, an Kredite zu kommen, mit denen man sich auch tollere Wünsche erfüllen könne, aber wer zuletzt lacht, lacht bekanntlich am besten. Ich habe die gleichen Leute dann schon oft jammern hören, wenn sie ihre Abzahlungen nicht mehr überblickten oder gar wegen Säumigkeit Dinge gepfändet bekamen. Solche Erscheinungen sind mir fremd, meinen ersten Kauf auf Kredit wird diese Welt nicht erleben, diese hohle Vortäuscherei, etwas zu haben, was einem in Wahrheit gar nicht wirklich gehört, das finde ich bestenfalls lächerlich. Ich kaufe generell nur das, wozu ich das Geld wirklich habe und an dieser Grundeinstellung werde ich auch für den Rest meines Lebens nichts mehr ändern, aber das ist wieder ein eigenständiges Thema.
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