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Renovierung - eine Exkursion auf dem eigenen Grundstück
Teilbericht 1 über Kurioses bei den Renovierungsarbeiten hier in unserem Anwesen
Wenn man in einer Immoblilie wohnt, die früher einmal zu einer alten Fabrik gehörte, dann liegt es auf der Hand, dass man bei Renovierungsarbeiten schon auf einige ungewöhnliche Dinge stößt. Zum besseren Verständnis für Leser, die unser Anwesen aus früheren Berichten noch nicht kennen, die Werkstattgarage ist ein alter Industriebau, ähnlich wie eine kleine Halle, aus der Bauzeit zwischen etwa 1900 und 1920, neben unserem Wohnhaus auf unserem Privatgrundstück gelegen, welches sich seinerseits wiederum direkt neben einer alten, stillliegenden Fabrik befindet. Unser Grundstück nebst Gebäuden gehörte früher ebenfalls zu dieser Fabrik, wurde aber irgendwann mal aus dem Gesamtareal der Fabrik heraus getrennt und in recht renovierungsbedürftigem Zustand an uns als Wohnhaus mit “Garten” verkauft. Unser Wohnhaus beherbergte früher mal einige Büros der Firma sowie lange die Wohnung eines leitenden Angestellten der Fabrik. Die Werkstattgarage beherbergte früher u.a. ein chemisches Labor der Produkt- und Materialprüfung der Fabrik sowie ein paar kleine Werkstätten und im Keller eine Pumpstation zur Wassergewinnung und zum Grundwasserausgleich, die auch heute noch vorhanden ist. Nach Schließung der Fabrik wurde diese als Werkstattgarage bezeichnete kleine, massiv gemauerte Halle mal an eine Eisengießerei zum Einlagern von Gußformen vermietet. Diese Gießerei machte etwa im Jahr 2003 pleite und dicht, alle Gußformen blieben bergeweise in dem Gebäude zurück, so lagen sie auch noch da, als wir das Areal 2006 kauften. Doch das ist eine eigenständige, andere Geschichte, die wir bei Gelegenheit auch noch hier in aufbereiteter Form als separater Bericht nachreichen werden. Wir nennen dieses Gebäude Werkstattgarage, weil wir es vornehmlich als Garage für unseren Wagen nutzen, da am Haus selbst keine echte Garage ist und weil es hierzu genügend Platz mit großem Einfahrtstor bietet.
Kayla ist handwerklich überaus begabt und kann sogar relativ anspruchsvolle Arbeiten ausführen, die eher ins Gewerk von Maurern fallen. Kayla machte sich wieder nützlich und begann damit, eine Wand in der Werkstattgarage auszubessern, während ich zeitgleich an einer anderen Wand alte Löcher zugipste, wo früher einmal Halterungen für Anlagen drin verankert waren. Kayla stieß bei ihrer Tätigkeit auf alten nachklingenden Putz, der einen größeren Hohlraum mit einer Tafel überdeckte. Man hatte dort irgendwann mal einen Hohlraum einfach mit einer Holztafel zugenagelt und diese dann lässig mit verputzt. Im besagten Hohlraum, der recht groß war, entdeckte Kayla noch diverse Sachen. Unter anderem auch mehrere alte Zeitungen, von denen die ältesten aus dem Jahre 1951 stammen. Das ist also schon ganz schön lange her. Die jüngste Zeitung aus diesem unfreiwilligen Mausoleum der Zeitgeschichte stammt von 1958. Es sind teils Tageszeitungen, aber auch spezielle Industrie - Fachzeitungen darunter. Bei einigen davon war es schwierig sie zu bergen, weil das Papier so ausgetrocknet und gealtert war, dass es beim Berühren regelrecht in starre Stücklein zerbricht. Andere Exemplare davon waren noch einigermaßen stabil. Nun wird man sicherlich solchen Dingen keinen hohen wirtschaftlichen Wert beimessen können, aber diese alten Zeitungen sind doch aus heutiger Sicht interessante Zeitzeugen und wir werden die nicht wegwerfen, sondern in einem Kasten aufbewahren. Wir haben uns dann dort hin gesetzt und, soweit das möglich war, diese Zeitungen mal durchgeblättert. Daran erkennt man sehr schön, welche Dinge damals den Leuten wichtig waren. Damals wurde Journalismus relativ anders betrieben, als heute. Vor allem fällt gleich auf, dass globale Themen eigentlich überhaupt erst gar nicht vorkommen, während die heute die Zeitungen beherrschen. Ähnliches gilt für politische Themen. Da liest man beispielsweise, wohlgemerkt auf der Titelseite, in ziemlich großer Aufmachung, dass am 2 Mai 1951 auf der Landesstraße von Weingarten nach Grötzingen ein zweispänniges Pferdefuhrwerk mit einem fast neuwertigen Henschel - Lastwagen zusammengestoßen sei. Beiläufig wird erwähnt, dass der Kutscher dabei schwer verletzt wurde und beide Pferde getötet wurden, aber besonders weitschweifig wird erläutert, dass der Schaden am neuwertigen Lastwagen auf weit über 2000 DM geschätzt wird. Das scheint im Gefühl der Leute damals das größte Unheil daran gewesen zu sein. Dann wird im Ende des Beitrages die Solidität deutscher Lastwagen hochgelobt, da bei diesem Unfall der Fahrer des Lastwagens überhaupt nicht verletzt wurde und auch die Ladung, die aus 2 Tonnen Kerzenparaffin bestand, nicht gelitten habe. Der Kutscher hat eben Pech gehabt, so liest es sich nahezu ohne jedes Mitgefühl, wie kann er auch vor einem Lastwagen in die Straße einbiegen. Diese alten Zeitungen sind sehr aufschlussreich und interessant. Auch die Art, wie früher in den Zeitungen Werbung gemacht wurde, finde ich irgendwie viel wärmer, liebevoller und menschlicher, als das heute gemacht wird, wobei die Werbung auch wesentlich unaufdringlicher als heute daher kommt. Nach dieser geschichtlichen Bildungspause fuhren wir mit den Renovierungsarbeiten fort. Der besagte Hohlraum, in dem die Zeitungen lagen, war früher wohl mal eine Mauerwerksaussparung, wo eine Maschine oder irgend eine Anlage stand. Wir haben diese Ausbuchtung dann mit Gipskartonplatten abgedeckt und beigeputzt, weil das bei dieser Größe einfacher war, als diese Lücke noch aufwändig zuzumauern. Mit einer Holzplatte abdecken, die man dann mit verputzt, so wie die das früher gemacht hatten, fanden wir auch nicht gerade fachmännisch, aber wer weiß, vielleicht war das früher so üblich. Somit nimmt die Werkstattgarage zunehmend schönere Formen an. .
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