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Hausverkauf
Wie an anderer Stelle beschrieben, wohnen wir hier in einem älteren Haus, welches wir vor rund 10 Jahren nebst großem Grundstück gekauft hatten, was gleich neben einer alten, stillgelegten Fabrik liegt. Das Haus ist zwar eigentlich eine Einzellage, zählt jedoch mit zu einer Seidlung, die mehrere hundert Meter entfernt liegt. Diese Siedlung selbst ist wiederum vom eigentlichen Ort, dem sie verwaltungsmässig zugehört, rund 5 km entfernt. Also für viele Menschen eine Lage, die sie als sehr abgelegen und ruhig bezeichnen würden. Soviel nur zum besseren Verständnis, für das, was nun folgt.
In der oben genannten Siedlung befindet sich am nördlichen Rand des Fabrikareals dieser stillgelegten Fabrik, leicht abgesetzt auf einem riesigen 8.900 m² - Gartengrundstück auch noch eine eigentlich schöne alte Villa, die aber inzwischen nicht mehr bewohnt wird. Genau dieses villenartige Haus steht nun zum Preis von 475.000 Euro einschließlich Grundstück zum Verkauf. Da ein regionaler Makler eine Art “Tag der offenen Tür” für Kaufinteressenten eingerichtet hatte, ließen wir es uns nicht nehmen, das Anwesen mal genauer zu betrachtet. Waren wir anfangs aufgrund des aufwändigen Baustils noch davon ausgegangen, dort auf eine etwas pompöse Ausgestaltung zu stoßen, wurden wir im Inneren stellenweise massiv eines Besseren belehrt.
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Das zum Verkauf stehende große Haus hier von der vorderen Schmalseite. Die Querseiten sind erheblich größer, konnten jedoch leider wegen des stark zugewucherten Umfeldes nicht fotografiert werden. Um entsprechende Fotostandorte zu erreichen, hätte man durch viel Matsch über Stock und Stein sowie über dorniges Gestrüpp klettern müssen. Zudem hätte man von den Bäumen ohnehin unzählige Äste mit im Bild gehabt. Das Haus macht schon etwas her. Laut dem Makler, der den Verkauf im Auftrag von einigen Erben der früheren Besitzer durchführt, ist das Hauptgebäude im Jahr 1907 errichtet worden. Ein dahinter befindliches, hier nicht sichtbares Querhaus ist sogar noch etwa 10 Jahre älter. Übrigens der gewaltige Schornstein ist nicht der Schornstein des Hauses, es wirkt durch die Sichtachse nur so, sondern einer der alten Fabrikkamine, die sehr weit im Hintergrund in etwa 200 m Entfernung stehen.
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Das, was das äussere Erscheinungsbild versprach, wurde im Inneren nicht gehalten, jedenfalls nicht überall. Natürlich sieht man auch außen schon, dass etwas Renovierungsbedarf besteht, aber innen überrollt einen stellenweise der Stau an nötigen Arbeiten. Das Haus weist immerhin 4 voll bewohnfähige Etagen auf: Erdgeschoß, 1. Stock, 2. Stock; 3 Stock und Dachgeschoß als 4. Stock. Pro Etage bietet es rund 100 m² Wohnfläche, nur die Dachetage hält durch die Dachschrägen und andere Beschränkungen nur etwa 70 m² bereit, was aber ja auch noch ganz schön viel ist. Also insgesamt beachtliche 370 m². Das ist aber nur der Wohnraum im Haupthaus, der bereits erwähnte ältere Querbau ist zwei Etagen niedriger und bietet, zumindest theoretisch insgesamt weitere 260 m² Wohnfläche, allerdings ist der Querbau mehr marode, dass mancher sich überlegen würde, diesen nicht mehr herzurichten. Alle Bauten sind voll unterkellert, die Kellerräume eignen sich nicht als Wohnraum und bieten teils ein schaurig desolates Bild. Dort
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gibt es viele Bereiche mit Schimmelbefall am Mauerwerk, überhaupt viele Feuchtigkeitsschäden. Einen kleinen Vorgeschmack auf das, was einen dort erwartet, bietet schon die Kellertreppe im Haupthaus (Foto oben rechts). In manchen Räumen des Kellers ist zudem alles mit allem möglichen Krempel vollgestellt, mit dem man locker mehrere Flohmärkte beschicken könnte. Eine besondere Kuriosiät finde ich, ist ein seltsamer Kloraum im Keller des Haupthauses (siehe Foto links), wo gleich zwei Kloschüsseln nebeneinander für ein Gemeinschafts - Kacken bereit stehen. Was so etwas soll, will sich nicht auf Anhieb ergründen. Ob hier früher soviele Leute wohnten oder anwesend waren, dass man alleine im Keller eine Einrichtung fürs Scheissen im Duett benötigte, erscheint jedenfalls seltsam. Kayla hatte hier eine Lösung parat, die vielleicht wahrscheinlicher, wenn auch nicht bewiesen ist, denn sie meinte, dass ursprünglich zwischen den beiden Klos noch Trennwände waren, dass es also mal eingenständige Klokabinen waren, nur irgendwer hat dann die Trennwände mal ausgebaut. Der
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Offensichtlich haben die früheren Eigentümer gerne und viel gelesen. In einem Raum im ersten Stockwerk waren noch zahlreiche Bücherschränke, die sehr aufwendig gebaut waren, weil sie in die Wand eingelassen waren, wodurch sie kaum Platz im Raum wegnahmen. Rund 60 % der Wände waren in dem Zimmer mit solchen Bücherschränken bestückt. Die Verkäufer des Hauses haben sich offensichtlich nur Bücher heraus genommen, die sie interssierten, denn rund die Hälfte der Schrankflächen sind noch mit hunderten von Werken aller Art bestückt. Kayla war aufgefallen, dass vor allem viele Sachbücher über Wirtschaft und Außenhandel sowie über diverse Landstriche dieser Erde darunter waren. Auch sehr viele fremdsprachige Titel waren darunter. Der Makler sagte mit sehr großzügiger Miene, dass die Bücher alle im Kaufpreis enthalten wären und die künftigen Besitzer somit schon mal genug Lektüre für zahllose stille Winterabende hätten. Diese
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umfangreichen Bücherschränke waren längst nicht alles an besonderen Hinterlassenschaften der ehemaligen Bewohner. Weitaus interessanter wirkte, zumindest auf den ersten Blick, in einem ehemals als Büro genutzten Raum im ersten Stockwerk ein zurück gelassener, alter Tresor sehr stabiler Bauart. Über Kabel war der sogar mal mit einer Alarmanlage verbunden, die natürlich nicht mehr aktiv war. Zudem stand er weit offen, so dass sich interessierte Langfinger selbst gleich von der Wertlosigkeit des Inhalts überzeugen konnten. Ein besonderes, nochmal extra dickes Wertfach, welches ebenfalls offen stand, zeigte nur einen kleinen Stapel von leeren Quittungsblöcken, die alle noch Blankoquittungen in DM als Währung beinhalteten. Ansonsten standen etliche Aktenordner in dem Tresor, deren Inhalt früher mal für die Besitzer offensichtlich sehr wertvoll gewesen sein muss. Heute dürfte das darin abgespeicherte Wissen keinem mehr etwas nützen- Auf den drei Schreibtischen in dem Raum stapelten sich noch alte Unterlagen und ähnliches Zeug.
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Am meisten verwundert hat uns allerdings in der Mitte des zweiten Obergeschosses eine sehr geräumige und sauber gepflegte Bar, die jedem normalen Gasthaus den Rang ablaufen würde. Mit richtiger Zapfanlage, Schränken die noch randvoll mit Gläsern und diversem Geschirr waren und insgesamt damals einmal sehr teurer Ausstattung. Gut, diese Ausstattung war, dem Design nach zu urteilen, schätzungsweise aus den 1970iger Jahren, aber in einem Zustand, als wäre es erst vorige Woche eingebaut worden. Das alles ist kaum genutzt worden, sonst sähe es nicht so aus. Der Makler sagte, dass ein Sohn des früheren Hauseigentümers mal einen Betrieb für Gaststättenausstattung gehabt hätte,
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was diesen Aufwand im Privatbereich plausibler macht. Man mag sich erinnern, in den 1970er Jahren war es mal einige Jahre lang “in”, dass fast jeder in seinem Haus eine Kellerbar oder sowas hatte. Vor einem solchen Hintergrund muss man das hier vermutlich auch sehen, nur, dass hier die Kellerbar halt im zweiten Obergeschoß eingerichtet wurde. Platz hatten die ja genug. Jetzt aber zu etwas sehr seltsamem. In mehreren Räumen, besonders im zweiten und dritten Stock, standen relativ große Metall - Figuren, alle absolut gleichartig, die eine Frau mit einer Art Bowling - oder Kegelkugel zeigten. Der Makler sagte, es wären echte Bronzefiguren, was ich aber bezweifle, weil es mir für Bronze etwas hell vorkam, eher wie Messing oder vergoldeter Zinkdruckguß oder sowas ähnliches, da sie für Messing zu schwer und massiv waren. Was man mangels Anhaltspunkt auf dem Bild nicht so recht erkennen mag, jede dieser Figuren war etwa einen Meter hoch, also durchaus schon recht stattlich, kein Maß für den üblichen Nippeskram. Verteilt auf verschiedene Räume standen davon mindestens 5 baugleiche herum. Ob die Dinger mal eine Art Preis oder
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Auszeichnung für eine frühere Hausbewohnerin (oder Bewohner) für sportliche Aktivitäten, Meisterschaften oder vergleichbares waren, man weiss es nicht. Dagegen sprach, dass keinerlei Daten irgendwie an den Figuren vermerkt waren. An Auszeichnungen, die im Sinne eines Pokals o.ä. verliehen werden, ist normalerweise ja immer ein Schild angegossen oder zumindest angeklebt, welches aufzeigt, wofür der Preis verliehen wurde, aber das war hier nicht so. So zogen wir weiter in den dritten Stock, dort muss man sagen, war der mit Abstand gepflegteste Bereich. Eine Wohnung die so wirkte, als seien die Bewohner nur mal gerade einkaufen und kämen jeden Moment wieder nach Hause. Sauber, gepflegt, alle Möbel noch da, sogar die Schränke waren alle noch bestückt mit diversem Krimskrams, nichts leer geräumt. Zierblumen aus Textil schmückten noch diverse Blumentöpfe. Man könnte fast schon sagen, es war so leicht kitschig, dass es gleich wieder ins Gemütliche abdriftete und am liebsten hätte man es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht und etwas gelesen oder den Fernseher angeworfen. Es war klar, dass die bisherigen Eigner in den Räumen bis zuletzt noch gewohnt hatten, während vor allem das Ergeschoß
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wohl schon längere Zeit überhaupt nicht mehr genutzt wurde. Vom Keller brauchen wir erst gar nicht zu reden. So ist halt manchmal der Lauf der Dinge in Familien. Die Kinder werden erwachsen, ziehen aus, das Haus wird immer leerer, früher sollen die Leute auch noch einige Beschäftigte im Haus gehabt haben, die dann auch irgendwann entfielen usw. Am Ende wird vermutlich nur noch eine Einzelperson hier gelebt haben, wohlgemerkt auf 370 m², ohne jetzt den maroden Querbau noch mitzurechnen. Unterdessen bliebe als Besonderheit im dritten Stock noch ein Schlafzimmer zu bemerken, welches zu späterer Zeit mal komplett umgestaltet wurde. Dort gab es schwarze Kleiderschränke, die in die Wand eingelassen waren, selbst die Zimmertür wurde diesem Stil angepasst. Ich fand dieses Design für ein Schlafzimmer furchtbar, jedoch alles ist bekanntlich Geschmackssache. Diese Schlafzimmergestaltung war mit
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Sicherheit auch noch nicht übermässig alt. Nach meiner Vermutung wurde sie frühestens in den 1970er Jahren eingebaut, wahrscheinlich sogar erst in den 1980er Jahren, denn da war sowas mal kurze Zeit modern. Auffallend auch hier, der sehr gute Erhaltungszustand, genau wie im Rest der Wohnbereiche in den Stockwerken 3 und 4, so als käme in der nächsten Nacht der Eigentümer wieder, um sich aufs Ohr zu hauen, wie man zuweilen sagt. Nach der Besichtigung des ebenfalls sehr schönen vierten Stockwerks, welches so halb unter dem Dach war, wurde noch der darüber liegende Dachboden in Augenschein genommen, auch dort alles bestens, dann ging es wieder ins Erdgeschoß, dort in den hinteren Bereich, wo es das Kuriosum einer halb zugebauten zweiten Treppe ins erste Stockwerk gab. Man kam nur noch bis zu einem Zwischenpodest, dort war Schluß, weil der weiterführende obere Teil der Treppe fehlte. Der war nicht eingestürzt, sondern schon vor langer Zeit abgebaut worden. Die alte ehemalige
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Türöffnung weiter oben wurden zugemauert und auf dem Podest wurde eine Art Kammer mit kleinem Fensterchen eingebaut, deren Sinn sich uns nicht zeigte. Neben der Treppe ging es unten weiter zu einer Hoftür nach außen, von wo aus man in den noch älteren Querbau gehen konnte. Genau das taten wir dann auch. Man konnte nicht von innen in der Querbau gelangen, sondern nur in dem man
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ein kurzes Stück über den hinter dem Haus liegenden Hof ging. Von der Raumaufteilung war dieser Querbau etwas ungewöhnlich angelegt. Im Erdgeschoss kam man über den Haupteingang sogleich in einen riesigen langen und breiten Flur, der noch mit recht schönen alten Bodenfliesen im schwarz - weiss - Karomuster ausgelegt war. Der Flur war so großzügig angelegt, dass er grob geschätzt von der Fläche Erdgeschosses ein Viertel beanspruchte. Rechts hatte der Flur Fenster zum oben erwähnten Hof, links Türen zu den einzelnen Zimmern des Erdgeschosses, ging man geradeaus, kam man über eine schwere, recht sonderbare und aufwendige Falt- und Schiebe - Türkonstruktion aus sehr stabilem Holz mit mattierten Echtglasscheiben in das riesige ehemalige 80 m² - Wohnzimmer, während man zur linken Seite hin ins Treppenhaus gelangte. Im
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ersten Stockwerk landete man von der Treppe zuerst in einer Art Vorflur oder Vordiele, die ihrerseits dann hinter eine Doppel - Flügeltür wieder in einer normalen Diele mündete, an der es gleich gegenüber in ein großes Badezimmer mit blauen Kacheln ging. Überall blätterte die Farbe wie Folie von den Wänden, wohin das Auge blickte, gab es große Bauschäden durch Feuchtigkeit. Ich finde bemerkenswert, wie luftig und großzügig die früher dieses Haus erbaut haben. Alle Räume leben regelrecht davon, dass sie große weite Flächen aufweisen, egal ob reine Nutzräume oder nur
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die Flure. Das war früher, zu der Zeit um 1890 - 1910 sicherlich alles andere als üblich und ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Erbauer sehr wohlhabend gewesen sein müssen. In einem großen Wohnzimmer des ersten Stockwerks dieses Querbaus gab es überall an den Decken reichhaltige Stuckelemente, die sogar alle recht gut erhalten waren. Das verwunderte um so mehr, da ringsum vieles von Feuchte und Gammel stark beschädigt war. Meist ist es in Altbauten ja so, dass Stuckelemente zuerst zerfallen, weil die ja nur auf den Untergrund aufgegipst sind. Natürlich weiss man nicht, wie diese Teile reagieren würden, wenn man mit einem Pinsel dran käme, um sie neu weiss zu lackieren. Vermutlich käme dann die Stunde der Wahrheit und alles würde zerbröseln oder in Stücken abplatzen. Laut Makler war das Querhaus schon seit über 25 Jahren unbewohnt. Das ist eine verdammt lange Zeit und wenn dann wahrscheinlich seit 40 Jahren nichts mehr in den Bau investiert wurde, ist am Ende rein
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wirtschaftlich betrachtet ein Abriß des Hauses günstiger, als eine richtige Sanierung, die zu einem Mammutprojekt ausarten würde. Trotzdem wäre es schade, wenn solche historische Bausubstanz einfach platt gemacht würde. Um die Zustände im Keller des Querbaus wird unterdessen keiner trauern. In einem ehemaligen großen Bad- und Waschraum im Keller bröckelte der Putz von den Wänden, der Wind hatte im Laufe der Jahre große Mengen an Laub von den Bäumen über defekte Fenster rein geblasen. Das Laub und der abgeplatzte Putz türmten sich stellenweise auf dem Boden und sogar in Waschbecken und Badewanne. Überall waberte ein schimmellastiger Geruch. Berge von Mäuse- und Rattenkot zeugten davon, dass hier diese Viecher wohl auf dem Tisch tanzen, wenn keiner da ist. Der Makler betonte jovial, dass im Prinzip dieses Querhaus im Preis gar nicht berechnet worden wäre, das gäbe es sozusagen gratis dazu. Böse Zungen würden sagen, dass man sonst Summen für dessen
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Abriss vom Kaufpreis hätte abziehen müssen. Auf dem linken Bild sieht man einen Teilbereich des Querbaus. Auch hier gilt, einen besseren Fotostandort gab es leider nicht, sonst wäre man im Matsch und Gestrüpp gelandet, worauf ich keine Lust hatte. Dieses Teilstück ist zugleich so eine Art Keimzelle der Villa, da es bereits etwa 10 Jahre vor dem Hauptgebäude errichtet wurde. Auf den ersten Blick sieht dieses Gebäude von außen bei weitem nicht so schlimm aus, wie es von innen ist. Es wirkt eigentlich so massiv, was es durchaus von der Art der Errichtung auch ist, jedoch der Zahn der Zeit, bei fehlender Instandhaltung, hat hier heftig genagt. Der Makler meinte, dass in diesem Gebäude später die Beschäftigten der Villenbesitzer gewohnt hätten, nachdem diese ins vordere Haupthaus umgezogen waren. Die Familienmitglieder des bisherigen Besitzers waren früher alle mit eigenen Firmen oder Geschäften aktiv, die also zumindest damals Geld genug hatten, aber irgendwann war dann keiner mehr übrig, die Erben aus deren Verwandtschaft wollen das Anwesen selbst auch
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nicht nutzen. Das würde sowieso schwierig, weil es da mehrere Erben gibt, wo jeder irgendwie von der Erbschaft profitieren möchte und das geht halt nur über einen Verkauf, dann kann man den Erlös gleichmässig aufteilen. Die Kellertreppe dieses Querbaus ist zwar schön breit und massiv aus einzelnen Natursteinstufen, wie man es nur selten hat, so kann man auch große Teile bequem in den Keller schleppen, jedoch sieht man hier schon den maroden Zustand der Wände. Heizungsrohre, die ins Erdgeschoß führen, sind teils einfach halb lose entlang der Treppe verlegt, das habe ich so in der Form bislang auch noch nie gesehen. Man könnte beinahe von russischen Verhältnissen sprechen, meinte eine Frau aus dem Raum Alzey, die auch an der Besichtigung teilnahm. Über ein stark an den Wänden verschimmeltes Treppenhaus ging es ins erste Obergeschoß. Zwei weitere Leute aus dem Raum
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Karlsruhe, die an der Besichtigung teilnahmen, klinkten sich ab hier von der weiteren Inaugenscheinnahme aus, weil sie in dieser schimmellastigen Atmosphäre ernste Gefahren für ihre Gesundheit sahen und sich nicht weiter einem Risiko aussetzen wollten. Kopfschüttelnd verließen sie sehr enttäuscht das Anwesen und hatten auch am Haupthaus nun kein Interesse mehr. Wir und weitere 6 Leute hielten unterdessen tapfer durch. An den stark belasteten Stellen wurde aus Sicherheitsgründen auf Flachatmung oder Luftanhalten umgestellt. Nein, schön war das wirklich nicht mehr in diesen Bereichen. Eine weitere Besonderheit war diese Treppe selbst. Es waren keine Holzstufen, wie man es bei solchen Konstrukten normalerweise hat, sondern auch einzelne, oben abgerundete Steinstufen, die in eine Art aus Steinen und Eisenträgern geformten Konsolen eingepasst waren. Immens aufwändig, vor allem für die damalige Zeit.
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Ebenfalls im ersten Stock fand sich in einem Zimmer ein vergammelter Schreibtisch, auf dem eine eigenartige Maschine stand. Einer der anderen Besichtigungsteilnehmer meinte, es sei eine uralte, professionelle Filmschneide - Maschine für 32 mm - Kinofilme, oder besser gesagt ein wesentlicher Teil davon. Das Gerät dürfte sogar noch aus den späten 1930er oder frühen 1940er Jahren stammen. Das Ding war aber offensichtlich sehr unkomplett, da wesentliche Teile fehlten. Ob die damaligen Eigentümer irgendwas mit Film zu tun hatten oder vielleicht auch eher mit solchen Maschinen, indem sie sowas vertrieben oder repariert haben, wer weiss. Der Makler konnte dazu auch keine Angaben machen. Hier auf dem Bild jetzt nicht zu sehen, aber im Boden klaffte ein rund 1 m breites Loch, wo der Boden durchgefault war, weil von oben irgendwoher Wasser drauf tropfte und das zig Jahre lang. Später sollten da noch ganz andere Stellen folgen.
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Für ein gemütliches Nickerchen stand gleich nebenan ein altes Schlafzimmer nebst Bett und Stuhl bereit. Keiner aus der Gruppe traute sich, das Bett zu testen, weil man Befall mit Flöhen, Wanzen und ähnlichem Getier befürchtete. Laut Makler sollen sich in diesem Raum bereits Anfang der 1990er Jahre, als dieser Querbau schon leer stand, öfters Jugendliche für lustige Sexspiele getroffen haben, da wäre das so eine Art Geheimtipp für ungestörte Stunden gewesen. Wie dem auch sei, ich schätze, heute würde man niemanden mehr finden, der in diesem Gemach noch irgendwelche Schäferstündchen verbringen möchte, selbst in arger Notgeilheit nach längerer Enthaltsamkeit nicht. Andererseits sieht man schon alleine an der Tür, wie massiv das alles gebaut ist, eigentlich für die Ewigkeit, aber nach so langem Leerstand mit entsprechender Feuchtigkeit hat auch die schönste Ewigkeit bald ihr Ende. Es ist schon eine Schande, wie das alles verkommen ist.
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Dann führte uns der Weg ins oberste Geschoß. Eine Dame aus der Besichtigungsgruppe ließ einen gellenden Schrei ab, als sie nach Öffnen der ersten Dielentür erkannte, dass in drei nun folgenden Räumen der Boden eingebrochen war. Begehung unmöglich. Der Makler schimpfte, da er doch extra gesagt hatte, dass alle Teilnehmer vor der besagten Tür warten sollten, bis er ebenfalls oben wäre. Na ja, es war ja nochmal alles gut gegangen und es sollte sogar noch schlimmer kommen, zumindest was den Zustand des Hauses betraf. Vor diesen drei untereinander mit Türen verbundenen Räumen war eine kleine Diele, die noch sehr gut begehbar war und die vom Treppenhaus aus
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erreicht wurde. Von dort aus ging eine weitere, sehr breite Tür in den eigentlichen Hauptflur dieses Stocks und da kam erst recht Freude auf. Jede Begehung dieses Hauptflurs des zweiten Stockwerks war für Personen ohne Selbstmordabsichten völlig unmöglich. Somit konnte man auch alle Räume, die über diesen Flur einst errechbar waren nicht besichtigen. man hatte freien Durchblick auf einen Längsraum im ersten Stock, wo man aber in diesem Bereich auch schon arge Schäden im Boden sah, die durch Nässe inzwischen entstanden waren. Selbst in den noch verbliebenen Tragbalken konnte man schon breite Risse erkennen und man bekam den Eindruck, dass die Bude nach einem lauten Husten komplett einstürzen könnte.
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Einige Zimmer im obersten Stockwerk waren noch nicht ganz so stark betroffen, man hatte noch Boden unter den Füßen. In einer offensichtlich ehemals separaten Wohnung gab es noch einen heimelig - gemütlichen Raum, sogar noch mit diversem Mobiliar und schönen Vorhängen ausgestattet. Die Wände waren überzogen mit zentimeterdicken blaugrünlichen Schimmelbelägen, als hätte man das Innere eines französischen Edelschimmel - Käses betreten. Von längeren Aufenthalten in diesen Räumen wurde aus Gesundheitsgründen abgesehen. Tür auf, fotografieren, weiter ! Der Makler wunderte sich anfangs über meine Fotografiersucht und meckerte darüber ein wenig. Als ich ihm erklärte, dass wir anhand der Fotos später daheim besser rekapitulieren könnten, welchen Renovierungsaufwand wir dort betreiben müssten, falls wir das Anwesen kaufen würden, fand er es sogar sehr gut. Natürlich werden wir das nicht kaufen, aber das braucht man dem Makler ja nicht zu sagen. So ging es noch mal ganz runter ins Erdgeschoß.
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Hier gab es im hinteren Bereich ebenfalls noch eine sehr kleine eigenständige, abgetrennte Wohnung, die im Wesentlichen nur aus einer Wohnküche, einem Schlafzimmer sowie einem Bad bestand. Dort fand sich sogleich das noch relativ schöne Bodenfliesenmuster wieder, wie wir es schon von dem Haupteingangsflur des Querbaus kannten. Die Zustände hier waren nicht ganz so schlimm wie oben, aber selbst dort zeigten sich in der Decke und an den Wänden schon erhebliche Feuchtigkeitsschäden. Einige alte Küchenmöbel waren auch noch vorhanden, alles im Stil der frühen 1960er Jahre. Anstelle von Tapeten waren dort auf einer Grundierungsschicht umlaufende Muster mit Punkten und Symbolen aufgemalt, die quasi eine Tapete vortäuschen sollten. Diese Technik wurde meist mit Schablonen aus Pappe in der Zeit bis ungefähr 1935 verwendet, da echte Tapete oft bis dahin für den Normalbürger noch unerschwinglich war. Auch kurz nach dem zweiten Weltkrieg
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wurde diese Uralt - Methode zur Wandverzierung noch mal ausgegraben, als kriegsbedingt noch keine Tapeten in großer Zahl zur Verfügung standen. Wenn man den Arbeitslohn zahlen müsste, den diese Art dank viel Zeitaufwand erzeugt, wäre jede Luxustapete nach heutigen Gesichtspunkten unter dem Strich billiger, aber damals hatten die Leute mehr Zeit als Geld. In einem weiteren Raum im Erdgeschoß, der einmal dem Personal als Pausenraum gedient haben soll, war alles so randvoll mit alten schimmeligen Möbeln gestellt, dass eine Besichtigung unmöglich war. So endete diese etwas eigenartige Verkaufs - Besichtigung an der hinteren Ausgangstür, die in den kleineren, westlichen Gartenbereich führte. Wie man auf dem Foto auch sieht, war hier wohl lange keiner mehr her gegangen. Alles war zugewuchert, die Tür krächzte und knarrte beim Öffnen heftig, weil sie das Öffnen nicht mehr gewohnt war. Der Makler zeigte uns daraufhin noch mit einigen Schwierigkeiten bei der Begehbarkeit den Rest des Anwesens und des Grundstücks.
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Hinter dem Querbau folgte noch ein größeres hallenartiges Gebäude mit etwa 200 m² Nutzfläche, welches laut Makler schon seit etwa 1950 bis zuletzt nur als Garage für die Fahrzeuge der damaligen Bewohner diente. Ursprünglich sei es mal die Heizzentrale für alle Gebäude gewesen, wovon auch offensichtlich noch mehrere uralte Zentralheizungskessel aus den 1930er Jahren zeugten, die damals noch mit Koks befeuert wurden. Diese wurden bereits in der 1950er Zeit
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jedoch durch eigenständige Ölzentralheizungen in den jeweiligen Gebäuden in deren Kellergewölben ersetzt, weil es ja auch kein Personal mehr gab, welches von Hand die Heizkessel - Dinosaurier mit Koks fütterte. Der Raumbereich davor war zu dieser Zeit noch mit einer weiteren Mauer parallel zu dem kleinen Heizer - Büdchen abgetrennt, dahinter lagerten dann die Koks - Vorräte, also abgeschottet von den Heizkesseln, damit möglicher Funkenflug die Koksvorräte nicht entfachen konnte. Es folgte noch eine Besichtigung des wirklich riesengroßen Gartens, jedenfalls soweit das möglich war, denn eigentlich war fast alles zugewuchert. Nur einige Bereiche von alten gepflasterten Gartenwegen
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waren mit etwas Mühe und Gekraxel noch begehbar. Zunächst glaubten wir auf die Reste eines alten Burgfrieds gestossen zu sein, der Makler belehrte uns jedoch eines besseren, der kurze, dicke runde Turm im östlichen Bereich (Foto oben rechts) war kein Überrest einer Burganlage, sondern darin befand sich anfangs bis nach dem zweiten Weltkrieg ein Wasserwerk, welches die gesamte Siedlung mit Trinkwasser versorgte. Erst in den 1950er Jahren wurde die Siedlung an das öffentliche Trinkwassernetz des 5 km entfernten Hauptortes angeschlossen. Unterdessen stießen wir ziemlich genau in der Mitte des üppigen Gartens auf eine ansehnliche alte Säule. Wozu sie errichtet worden war, erschloß sich uns nur bedingt, denn unten auf dem geraden Sockelteil befanden sich nur klein der Schriftzug 1897, wohl vermutlich für das Jahr der Errichtung, sowie darunter in wesentlich größeren Buchstaben der Frauenname “Maria”. Zunächst glaubten wir, dass religiöse Motive hinter der Errichtung steckten, dass damit die Heilige Maria geehrt werden soll, der Makler meinte aber, dass die erste Ehefrau des Erbauers des älteren Gebäudes, dem Querbau, Maria geheissen habe und kurz nach Fertigstellung des älteren Hauses schon in relativ jungem Alter
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an einer damals unheilbaren Krankheit verstorben sei und ihrer hiermit gedacht werden sollte. Ganz am Ende des Gartens tauchte dann noch eine kleine Überraschung auf. Teils von Gestrüpp zugewachsen stand dort ein sehr alter Ford - Kipp - Lastwagen aus den 1950er Jahren und rostete vor sich hin. Die Ladefläche selbst war schon dicht mit Bäumen und Sträuchern bewachsen. So manch ein Oldtimerfan würde an dem Ding seine Freude haben, aber vermutlich ist der so marode, dass man nichts mehr damit anfangen kann. So nahte der Abschluß der Besichtigungsrunde und
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nachdem der Makler in den Gesichtern der Teilnehmer das Zusammenbrechen des Kaufinteresses erkannt hatte, verkündete er aus sich heraus gleich jovial, dass am Kaufpreis durchaus noch etwas nach unten zu machen wäre. Er ließ durchblicken, ohne es mit direkten Worten zu nennen, dass sich die Verkäufergemeinschaft durch den mäßigen Zustand sicherlich auch mit 100.000 Euro weniger, also rund mit 375.000 Euro zufrieden geben würde. Außerdem verwies er darauf, dass angeblich das gesamte Grundstück als Bauland eingestuft sei, wonach der Käufer dann ja alles an Grundstück, was er selbst nicht benötigen würde, für Bauwillige verkaufen könnte, womit in dieser schönen ruhigen Lage sicherlich locker die Hälfte des eigenen Kaufpreises wieder eingespielt werden könnte. Nun ist es natürlich so, dass wir kein wirkliches Kaufintersse an dem Anwesen haben, rein aus Neugierde und der günstigen Möglichkeit haben wir die Chance genutzt, uns das mal anzusehen. Mit unserem Haus nebst der großen Werkstattgarage und dem doch auch schon relativ großen Grundstück sind wir zufrieden und haben nicht ohne Grund in den letzten 10 Jahren da viel Arbeit rein gesteckt, so dass es viel zu schade wäre, um es für ein anderes Objekt aufzugeben. Trotzdem kann man sich ja so seine Gedanken machen und es ist sicher so, dass sich aus dem zum Verkauf stehenden Anwesen viel machen ließe, aber es ist auch klar, dass derjenige, der das in Angriff nehmen will, ein verdammt dickes Portemonnaie haben muss, wobei der reine Kaufpreis sicher noch die kleinste Summe aus selbigem saugen wird. Der Planungs- und Arbeitsaufwand würde zu einer Lebensaufgabe, sofern das jemand vorwiegend selbst in Angriff nehmen will. Wohlgemerkt zu einer Lebensaufgabe für jemanden, der erst 30 Jahre alt ist, aber nicht für einen, der schon an den 70ern schrammt, wie ich. Natürlich hätte Kayla da noch viel Luft nach oben, aber auch sie hätte an sowas kein Interesse. Sie meinte, so schön es in Teilen auch ist, daran reibt man sich nur auf und in unserem Anwesen ist schließlich auch immer noch Arbeit auf Jahre hinaus genug. .
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Aktueller Nachtrag
Kürzlich fand obiges Anwesen tatsächlich nach langen Bemühungen einen Käufer. Der Mann ist von Beruf sogar Musikprofessor und wie zu hören war, will er selbst hier seinen Hauptwohnsitz einrichten. Wie zu erfahren war, möchte er in Teilen des großzügigen Anwesens auch verschiedene Proberäume, ein komplettes Tonstudio und so eine Art Unterrichtsräume einrichten, in denen er Nachwuchsmusikern Privatunterricht erteilen wird und mit an deren Können feilt. Er soll dabei keineswegs nur den klassischen Musikbereich bedienen, das zwar auch, aber insbesondere soll er eine Koryphäe im Bereich des Jazz sein und schon weltweit an anerkannten Universitäten und Musikhochschulen unterrichtet sowie zu den weiten Themen der Musik geforscht haben. Ein anderer Anwohner aus der Siedlung, der näher zu dem Anwesen hin wohnt, will gehört haben, dass er besonders ein Spezialist für Klavier und Orgel sein soll, also vorwiegend wohl tastenmässig unterwegs ist, wie man so sagt. Immerhin, es tut sich was, die ersten Arbeiten haben auf dem Grundstück schon begonnen. Natürlich wohnt er noch nicht dort, er wird erst einziehen, wenn das Haupthaus komplett umgebaut und saniert ist, was bei dem oben geschilderten Zustand sicher ein Weilchen dauern dürfte. Immerhin soll der Umbau dieses Haupthauses neben Grundstücksarbeiten zuallererst erfolgen. Der recht schimmellastige Querbau soll innen total entkernt werden und später die geplanten Unterrichtsräume erhalten. Na ich denke, für solche Zwecke liegt das ideal. Einerseits hat man seine Ruhe, wenn man sie braucht, was vielleicht für schöpferisch - musikalische Einfälle manchmal sinnvoll sein kann, andererseits gibts in direkter Nachbarschaft niemanden, den es stören könnte, wenn es beim Proben mal etwas lauter werden sollte. Es ist klar, dass man solche
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immensen Umbauvorhaben nicht mal eben so aus dem Ärmel schüttelt, da muss man sich fähige Architekten und andere Fachleute dazu holen, die das von Anfang an alles präzise durchplanen und begleiten, damit man am Ende keine bösen Überraschungen erlebt. So traf ich neulich bei einem Spaziergang die Architektin Frau Meinrad, die wohl die Leitung aller Planungen dafür bekommen hat. Eine sehr liebenswürdige Frau, vielleicht um die 45 Jahre alt, die regelrecht von dem Umbau der alten Villa schwärmte. Diese Frau Meinrad, die wohl gebürtig aus der Schweiz
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stammt, aber schon lange im Raum Karlsruhe lebt und arbeitet, hat sich schon seit langem auf das Planen und Betreuen von Umbauten alter historischer Gebäude spezialisiert, die das scheinbar oft unvereinbare Streben nach optimal nutzbaren Innenräumen mit zeitgemäßer Einrichtung und Ausstattung mit den Anforderungen des Denkmalschutzes sowie dem Erhalt des typischen Erscheinungsbildes des Gebäudes gut zu verbinden weiss. Sie sagt, vieles ist möglich, man muss sich nur wesentlich länger Gedanken darüber machen, dann kommt man am Ende fast immer zu einem Ziel, was allen gerecht wird. So darf man gespannt sein, wie das alles am Ende aussehen wird.
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