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Dorfidyll - Gibt es das heute noch ?
Unsere Exkursionen müssen keineswegs immer in alte Fabriken und ähnliche Objekte führen. Kayla hatte eigentlich die Idee dazu, mal auf die Suche nach einfachen idyllischen Dörfern zu gehen, die sich bis heute ihren ruhig - gediegenen Charme bewahrt haben oder auch Stadtbereiche, in denen es heute noch so aussieht, wie vor z.B. 50 Jahren. Wie wir feststellen mussten, ist das eine Aufgabe, die heute gar nicht mehr so einfach ist. An den meisten Stellen, auch in kleinsten Dörfern, hat die Neuzeit ihre prägenden Spuren hinterlassen und der alte dörfliche Charme ist weg. Wenn man einmal in seiner näheren Umgebung anfängt, beispielsweise im 50 km - Umkreis vom eigenen Wohnort, dann sieht man erst, wie schwer es ist, noch Standorte zu finden, von denen die Orte weitgehend so aussehen, wie es früher einmal war. Mit “früher” meinen
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wir dabei keineswegs irgendwelche weit zurück liegenden Zeitpunkte von 1800, sondern gerade mal die Zeit ungefähr zwischen 1950 und 1970. Solche Ortsansichten, wie die links abgebildete, findet man heute kaum noch, da muss man schon lange suchen. Man kann Veränderungen der letzten 50 Jahre an vielen Dingen fest machen, die einem auf Anhieb gar nicht mal
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bewußt werden, eben weil es im Alltag automatisch in Fleisch und Blut übergegangen ist, so dass man diese Unterschiede gar nicht mehr bemerkt. Nur um ein Beispiel zu nennen: finden Sie heute mal solch ein Ortsbild, bei dem keine Satellitenschüsseln auf den Dächern zu erkennen sind. Gewiss würde man, wenn man durch die Straßen geht und genauer hin sieht, auch dort solche Schüsseln vorfinden, aber zumindest vom äusserlichen Gesamtbild des Ortes sieht man im genannten Beispiel auf Anhieb keine. Genau das macht aber heute die Ansicht eines
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solchen Dorfes schon zu etwas besonderem. Das soll nicht etwa heissen, dass wir Gegner von Satellitenschüsseln wären, im Gegenteil, wir nutzen diese Technik ja selbst, aber an solchen Beispielen sieht man sehr schön, wie die Neuzeit sich selbst in das Erscheinungsbild kleiner Dörfer einschleicht. Oder auf dem kleinen Foto von dem winzigen 50 - Einwohner - Dörfchen, wie es sich in der Ferne in einem Talkessel aus Wiesen und Waldgebieten so urgemütlich in die Landschaft einschmiegt, solche Motive zu finden ist heute nicht mehr leicht. Auf solchen flächigen Bereichen hat man meist moderne Straßen dazwischen sowie andere Anzeichen der Neuzeit, die derartige Ansichten inzwischen sehr rar machen. Geht man weiter in diese kleinen Dörfer hinein,
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so wird es auch dort fast unmöglich, alte Bauten noch ohne Einfluß der Neuzeit ablichten zu können. Selbst im gezeigten Beispiel würde manch ein Kritiker bemängeln, dass an dem alten Häuslein schon eine Telefon - Verzweigerdose hängt und somit die Neuzeit ins Bild holt. Hierbei kann man jedoch mit der oben genannten Zeitgrenze deutlich Entwarnung geben, denn Verzweigerdosen dieser Bauform gibt es schon seit den 1930er Jahren und passen somit ganz klar dazu.Hier wird das Bild auch durch die alte Steinmauer im Hintergrund sehr stimmig. Noch viel
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schwieriger wird es aber, wenn man solche “alten Stellen” heute noch in Städten finden will. Es ist fast unmöglich. Überall wurde abgerissen, modernisiert und umgebaut was das Zeug hält und selbst dort, wo das nicht geschehen ist, schießen trotzdem fast immer Relikte ins Bild, die eindeutig der Neuzeit zuzuordnen sind. Da noch Motive zu finden, die einen in längst vergangene
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Zeiten zurück versetzen, ist heute fast unmöglich. Findet man dann doch etwas, dann gibt es in der Regel zwei Möglichkeiten: 1) es ist entweder verfallen und so marode, dass man mit einem baldigen Abriss rechnen muss (damit verschwindet dieses Stück der Zeitgeschichte also bald auch noch) oder 2) es ist so modernisiert worden, dass es mit dem authentischen Erscheinungsbild von früher nicht mehr wirklich viel gemeinsam hat. Da kann man sagen, solche Ansichten aus einem Stadtkern, wie diese einer alten Innenstadtvilla, findet man heute fast so selten, wie
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die berühmte blaue Mauritius - Briefmarke. Findet man sie noch, kann man sich sicher sein, dass sie bald verschwinden werden, denn wie man auch auf dem Bild schon sieht, ist das mächtige Gebäude seit langem unbewohnt und recht verkommen. Innen sind fast sämtliche Zwischendecken bereits eingestürzt, ein Schild im Zwischenraum neben den beiden großen Eingangstüren warnt Passanten schon, näher an das Gebäude heran zu treten, um nicht von bröckelnden Teilen erschlagen zu werden. Was man auf dem Foto aufgrund der Lichtverhältnisse nur schlecht erkennt, vor den Türen wurden bereits dicke Zaunelemente mit Eisenstangen eingelassen, damit keiner mehr zu nahe ran oder gar rein kommt. Ein weiteres uraltes Schild, welches versetzt etwas über den unten angepappten und aufgestellten Reklametafeln hängt, zeugt davon, dass früher in dem Haus zur linken Seite mal Arztpraxen und zur rechten Seite mal eine Behördenstelle waren. Selbst deren Auszug dürfte aber schon über 40 Jahre her sein. Wesentlich einfacher hat man es
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dort, wo nur pure Landschaft ist. Da kann es zwar sein, dass heute üppige Vegetation wuchert, wo früher mal freie Flächen oder nur geringer Bewuchs war, natürlich auch umgekehrt, aber selbst wie hier im Fischbachtal, wo noch alte Überreste eines ehemaligen Mühlenablaufs vorhanden sind, kann man nicht wirklich erkennen, in welcher Epoche das Foto gemacht wurde. Sicher ist zwar auch, dass es hier vor 50 Jahren anders ausgesehen hat, vielleicht gab es zu der Zeit sogar die große Mühle noch, die dort mal gestanden hatte, aber man erkennt es nicht. Im weiteren Verlauf des Baches weitet sich das Tal,
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es kommen nach einigen Kilometern immer mehr und immer breitere Wiesen entlang des Flußbettes hinzu, die ansteigenden Hügel und Berge drängen immer mehr zurück und gewinnen ständig größer werdenden Abstand zu dem Bach. Soweit ich aus Erzählungen von älteren Leuten weiss, die vor 50 und mehr Jahren schon hier in der Gegend gewohnt haben, soll es damals in dem Bereich neben dem Bach überhaupt keine Bäume gegeben haben. Die Stellen, die man auf dem rechten Foto mit dichtem Baumbewuchs sieht, wären damals noch sogenannte Kuhweiden gewesen, auf denen im Sommer die Kühe grasten.
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Trotzdem käme heute keiner, der das nicht von früher weiss, auf die Idee, dass es auch hier damals mal erheblich anders ausgesehen hat. Die Landschaft wirkt einfach so, als wäre es nie anders gewesen.
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Vielen Menschen drängt sich beim Begriff Dorfidylle gleich so ein bestimmtes Bild mit Kirchturm, sauberen Fachwerkhäuslein, Bauernhöfen, glücklichen Kühen, Wiesen und Wald auf. Ob die Kuh auf dem linken Foto glücklich ist, hat sie uns nicht verraten, es sah aber so aus, aber solche Motive kann man auch heute noch in bestimmten ländlichen Regionen finden. Man muss sicher länger danach suchen, als noch vor 40 oder 50 Jahren. Nun leben wir selbst in einem eher ländlich geprägten Umfeld, wenngleich Karlsruhe nur knapp 30 km entfernt liegt, aber solche Motive gibts im Umland noch reichlich, wenn man mal abseits von den Haupt -
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Bundesstraßen die kleinen Nebenstraßen über kleinste Dörfer befährt. Viele Bewohner solcher etwas abgelegenen Gemeinden beklagen heute häufig, die mangelnde Internetanbindung und sehen darin ihr Hauptproblem sowie oft im Fehlen von Einkaufsmöglichkeiten vor Ort. Der kleine Tante Emma - Laden hat schon vor spätestens 30 Jahren dicht gemacht und die Discounter und Supermärkte lassen sich nur in den übergeordneten Gemeindezentren nieder, die meistens über 10 km entfernt liegen. Gerade für alte Menschen, die kein Auto haben, wird das zum Problem, weil in den selben Orten heute meist keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr fahren. Und selbst wenn, wird ein alter, etwas gebrechlicher Mensch wohl kaum noch zig Kilo an Waren vom Einkauf bei einer beschwerlichen Busfahrt nach Hause schleppen können. Also da wird die Dorfidylle schon deutlich getrübt.
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