Denkmalschutz

Denk mal über den Denkmalschutz nach

Sicher hätte diese Seite hier genauso gut in die Rubrik “Nachgedacht” gepasst, wir haben sie trotzdem hier in der Trend - Ecke eingebaut, weil es sich hier in unserer Gegend besonders in den letzten beiden Jahren offenbar zu einem Trend entwickelt hat, alle möglichen Gebäude und Dinge unter Denkmalschutz zu stellen. Darunter sind Sachen, die man zweifellos auf Anhieb als völlig denkmalwürdig erkennt, aber auch vieles, wo man den Denkmalfaktor zumindest als Laie nicht so recht sehen möchte. In diesem Ausmaß hat es das früher nicht gegeben. Manchmal hat man den Eindruck, als würden sich die zuständigen Beamten nun zweifelhaft bemühen, dass wieder gut zu machen, was sie früher oft versäumt haben. So hatte ein Landwirt hier aus der näheren Region vor,

Fachwerkscheune, noch denkmalwürdig ?

eine alte Scheune, die schon seit über 25 Jahren nicht mehr genutzt wird und verfällt, abzureissen und dort eine neue Halle für seine Traktoren und sonstige Maschinen zu bauen. Das Holz der Scheune ist so marode, dass die Bude in Kürze von selbst zusammenkrachen wird, weil schon alle Füllungen der einzelnen Gefachte vor über 20 Jahren von selbst heraus gefallen sind, was zu einem totalen Feuchtigkeits- und

Schimmelbefall des eigentlichen Fachwerk - Holzes führte. Diese Fachwerkbalken sind so marode, das man sie zum Teil mit der Hand wie Matsche wegdrücken kann, wobei sie in bräunlich - erdige Krümel zerfallen. Teile des Dachs kommen schon von selbst runter. Es ist deswegen eine große Gefahrenstelle und der Landwirt hat neulich unten schon weiträumig rotweisses Flatterband gespannt, damit keiner zu nah an das fragile Gerippe ran geht. Als er einen Bauantrag zum Abriß der Scheune und Neubau der Halle stellte, schaltete sich der Denkmalschutz ein und stellte die faule Restruine unter Denkmalschutz. Hätten die das vor 20 oder besser 30 Jahren gemacht, wäre noch was zu retten gewesen, aber jetzt doch nicht mehr. Hinzu kommt, dass es solche Gebäude in einem zweifellos viel besseren Zustand noch zuhauf gibt, es deswegen also keine besondere Seltenheit ist. Was ist der Erfolg dieser Sache? Der Landwirt baut seine neue Maschinenhalle nun 60 m weiter rechts daneben, weil das gesamte Gelände dort ihm gehört, dafür bekam er auch die Genehmigung. An dem maroden Scheunengerippe macht er natürlich nichts und so kann man davon ausgehen, dass sich das Problem innerhalb der nächsten drei Jahre von selbst lösen wird, wenn das Ding spätestens bei der nächsten Schneebelastung des Daches oder einem Sturm von selbst in sich zusammen fällt. Beim nächsten fragwürdigen Beispiel sieht die Sache realistisch

betrachtet sicher etwas anders aus. Auf dem riesigen Gelände der alten Fabrik, die gleich neben unserem Wohnhaus beginnt, steht u.a. diese sehr ramponierte Halle. Gerade mit solchen Gebäuden war man bislang mit der Abrissgenehmigung immer sehr schnell und bevor man darüber nachdenken konnte, waren derartige Bauwerke schon dem Erdboden gleich gemacht. Diesmal scheint die Halle jedoch Glück gehabt zu haben. Ein Beauftragter der Denkmalschutzbehörde erkannte in dem Bau einen Entwurf eines renommierten Architekten von 1924 wieder, also der Entwurf stammt aus diesem Jahr, nicht der Architekt. So wurde ein geplanter Abriß im letzten Moment verboten.

alte sehr marode Fabrikhalle

Der an anderer Stelle schon erwähnte Herr Ritter, der Eigentümer auch dieses Gebäudes ist, war anfangs etwas verärgert, weil er befand, dass die Herrichtung dieses Gebäudes wesentlich teurer käme, als Abriß und Neubau eines Hallenkomplexes an dieser Stelle. Doch später wich seine anfängliche Wut eher einer Euphorie, weil seine Fachleute es wohl geschafft haben, mit den zuständigen Behörden ordentliche Zuschüsse für eine Renovierung auszuhandeln. Da die Grund - Bausubstanz, trotz des bedauernswerten Anblicks noch recht gut sein soll, gilt es in erster Linie die Fassaden wieder im originalen Stil mit großzügigen Verglasungen herzurichten. Durch die Bauweise ergeben sich hier enorme Nutzflächen, da die Halle 5 Stockwerke aufweist, die natürlich später alle wieder für viel Geld vermietet werden können. Bei solchen Aussichten liebt der Herr Ritter den Denkmalschutz dann auch wieder. Überhaupt keiner Frage bedarf es in Sachen

Gepflegter Fachwerk - Bauernhof

Denkmalschutz bei diesem schmucken und bereits gut renovierten alten Bauernhof- und Mühlenensemble. Da würde jeder auf Anhieb sagen, das gehört absolut und ohne Bedenken 100 %ig unter Denkmalschutz gestellt. Sogar die Eigentümer sahen das so, hatten aber kurioserweise anfangs so ihre Probleme damit, das überhaupt als denkmalwürdig anerkannt zu bekommen. Es ist schon komisch, aber wie ich hörte, mussten die zuerst zig Nachweise beibringen, bevor dann nach mehrfacher Besichtigung duch Fachleute vom Denkmalamt die Unterschutzstellung erfolgte. Für die Inhaber war das natürlich wegen gewisser Fördermittel wichtig. Wie zu erfahren war, lagen hier diese Mittel aber keineswegs so hoch, wie sie sich mancher Denkmalsanierer wünschen würde. Ungefähr 12 % der Renovierungskosten sollen als Zuschuß

geleistet worden sein. Das ist besser als nichts, aber wenn man bedenkt, was sowas kostet, sofern man es von Fachfirmen machen lässt, dann erscheint einem die Würdigung nicht so sehr hoch, wie man es in den Sonntagsreden mancher Regionalpolitiker manchmal hört. Genau

anders herum verlief es im nächsten Beispiel. Ein schmuckloser Betonbau von 1971, der damals in einem Städtchen als Rathaus errichtet wurde, aber bereits seit 15 Jahren leer steht, weil die Verwaltung in ein größeres Gebäude umzog, sollte nun zugunsten eines Parks mit Weiher der Abrißbirne weichen. Das gefiel etlichen Anwohnern überhaupt nicht, wohl weniger wegen dem ach so schönen Gebäude, sondern weil sie durch die Errichtung des Parks

Fragwürdiges Denkmal altes Beton - Rathaus

vor ihrer Tür die Entstehung eines “Unruhe - Treffpunkts” befürchteten, an dem sich dann in Sommernächten saufende und gröhlende Rotzbübchen sowie andere fragwürdige Gestalten herum treiben. In ihrer Verzweiflung schalteten sie auch den Denkmalschutz ein, und siehe da, die stellten fest, dass bis heute im ganzen Umkreis von 150 km kein vergleichbares Gebäude unter Denkmalschutz steht, es aber für diese Epoche aufgrund seines speziellen und typischen Baustils  absolut denkmalwürdig wäre. So kam es unter Denkmalschutz und die Parkpläne in die Schublade. Vermutlich soll es nun zu einem Mehrfamilienhaus umgebaut werden. Was viele nicht

alte Ex - Bahnstrecke unter Denkmalschutz

vermuten, jedoch können nicht nur Gebäude unter Denkmalschutz gestellt werden, sondern auch andere Dinge, die man mit dem Begriff eher weniger verbindet. So wurde voriges Jahr ein etwa 12 km langes Stück einer alten Eisenbahnstrecke unter Schutz gestellt. Was daran besonders seltsam ist, ist die Tatsache, dass auf dieser Bahnstrecke schon mindestens seit 5 Jahren überhaupt keine Gleise mehr liegen. Die Gleisanlagen wurde damals mal in einer Art Nacht- und Nebelaktion abgebaut, wobei man dazu sagen muss, dass die Strecke bereits seit 1995 nicht mehr befahren wurde, also stillgelegt war. Solange die Gleise noch lagen, hat sich jedoch kein Schwein darum gekümmert, wie man so sagt, selbst in der ersten Zeit ohne Gleise noch nicht, aber im letzten Jahr wurden Pläne aus der Taufe gehoben, um auf der alten Bahntrasse vielleicht einen Rad- und Wanderweg anzulegen. Das

hat vermutlich die zuständigen Denkmalpfleger wach gerüttelt, wonach die Unterschutzstellung schnell beschlossen wurde. Nun gibt es Streit mit verschiedenen Stellen dieser Fachbehörden, ob man auf einer denkmalgeschützten Bahntrasse einen Radweg bauen darf oder nicht. Ist das ein so gravierender Umbau, dass er das Denkmal als solches zerstören würde oder nicht? Verschärft wird diese Auslegung noch dadurch, dass die Bahnstrecke durch das Entfernen der Gleise ja ohnehin schon keine richtige Bahnstrecke mehr ist. Deswegen argumentieren die Radweg-Befürworter, dass so ein Radweg die Strecke ja dann in jedem Fall sichern würde. Würde man dort gar nichts machen, käme ja auch keiner und würde für viel Geld dort wieder Gleise verlegen und niemand hätte überhaupt was von diesem toten Denkmal, alles würde zuwachsen, bis am Ende nur noch ein einheitlicher Wald oder sowas ähnliches übrig blieb. Wie es dort weitergeht, soll noch in diesem Jahr entschieden werden. Für eine ebenfalls recht kontroverse Diskussion sorgt die

Einstufung einer alten Kneipe in einem Vorort von Karlsruhe. Die Wirtschaft steht schon seit sage und schreibe 17 Jahren dort still. Vor vielleicht 6 Jahren hatte mal ein Friseur vor, darin einen neuen Salon aufzumachen, daraus wurde aber nichts, weil der von seiner Bank dafür keine Kredite bekam und selbst nicht genug Geld dafür hatte. Im Obergeschoss gibts zwei Wohnungen, die sehr lange an Asoziale vermietet waren, die aber im Januar raus geschmissen wurden, weil sie schon seit langem keine Miete mehr bezahlt

alte Kneipe unter Denkmalschutz

hatten. Wie solches Pack heute ist, haben die natürlich die Wohnungen in einem leckeren Zustand hinterlassen. Die leerstehende Kneipe unten sieht noch leckerer aus, wegen des langen Leerstandes, aber auch weil Wasser durch die Decke von der einen Asozialenwohnung gelaufen ist. Der Eigentümer wollte dann alles für richtig viel Geld sanieren lassen und die ehemaligen Kneipenräume im Erdgeschoss in zwei separate Wohnungen umbauen. Doch da kam der Denkmalschutz dazwischen. Angeblich müssten die Kneipenräume als solche im alten Zustand erhalten werden, weil es eine der letzten noch existierenden in diesem Stil wäre. Nur in diesem Stil will heute keiner mehr eine Kneipe haben und auch keiner will so ein abgelebtes Gebilde als Wirt betreiben. Das heisst, im Prinzip würde so die Denkmalbehörde dafür sorgen, dass die Räume der ehemaligen Kneipe auf Dauer für nichts mehr genutzt werden können. Wenn die aber nicht genutzt werden, investiert auch keiner und somit ist mittelfristig ihr Untergang vorprogrammiert, was sicher eigentlich nicht im Sinne des Denkmalschutzes sein kann.

Fortsetzung folgt....

 

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